Geschichte verpackt vor und hinter strahlenden Fassaden - doch Weimar ist auch die Stadt der Gegensätze zwischen Prunk und Plattenbau, zwischen Museum und Moderne. Wie lebt es sich darin? Wie in einer Puppenstube, erzählt Luzia Ernst.
Die 25jährige ist für das Studium an der Musikhochschule Franz Liszt hierhergezogen. Von West nach Ost, ganz bewusst. In eine Stadt, in der die wechselvolle Geschichte atmet. Dass man sich aussuchen könne, in welches Jahrhundert man gerade möchte, das fasziniert sie. Nur nach 22 Uhr wird für sie die weltbekannte Stadt dann doch zum Dorf – wenn die Bürgersteige hochgeklappt werden.
In Weimar-West ist die Welt eine andere. Zu DDR-Zeiten ein Stadtteil mit begehrten Plattenbauwohnungen. Seit dem Mauerfall hat sich Weimar-West verändert. Heute leben hier Menschen aus über 60 Nationen, ein Schmelztiegel am Rande der Stadt. Die Büsten und Bühnen sind weit weg. „Insel“ nennt Sozialarbeiter Michael Kaspar diesen Stadtteil. Eine Insel der Hoffnung für viele Kinder ist der Jugendclub Kramixxo & Waggong. Um sichtbar zu werden, haben sie hier ihre „Wohnplatten“ aus Pappe nachgebaut und in die historische Altstadt gestellt. Der Kontrast zwischen Wohntraum und Wohnraum könnte größer nicht sein.
Seit über 100 Jahren gibt es in Weimar Deutschlands einzige Altersresidenz für Bühnenkünstler. Im vergangenen Jahr ist der Schauspieler Andreas Schmidt-Schaller hier eingezogen. Musikabend, Lesung, Konzert - die Marie-Seebach-Stiftung ist eine Art Rentner-WG mit viel Kultur und eigener Bühne. Per Kutsche geht Schmidt-Schaller für diesen Film auf eine Zeitreise durch die Stadt, in deren Trümmern er groß wurde.
Ein Film über eine kleine Stadt, die ein großes Erbe bewahrt und doch so viel mehr ist als Goethe und Schiller.