Die Doku zum Spielfilm „Stumme Schreie“ wirft ein Schlaglicht auf ein Thema, das Alltag und deshalb umso verstörender ist: Eltern, die ihre Kindern misshandeln. Die Doku hinterfragt, welche Maßnahmen ergriffen werden, um Kinder zu schützen und Täter zu stellen.
Valentino war nur kurz allein mit seinem Vater. Als die Mutter zurückkommt, ist das drei Monate alte Baby ohnmächtig. Im Krankenhaus die Diagnose: innere Verletzungen, Folgen eines Schütteltraumas. Die Mutter lebt heute allein mit ihrem schwer behinderten Kind.
Professor Kathrin Yen, Rechtsmedizinerin an der Universitätsklinik Heidelberg, wird regelmäßig mit Fällen wie diesem konfrontiert: Jährlich untersucht sie etwa 150 Kinder auf Spuren von Gewalt – prüft, ob ein Bluterguss tatsächlich von einem Sportunfall stammt oder doch Folge von Misshandlung ist. Sie und ihre Assistenzärztin liefern damit oft wichtige Indizien für die Anklage vor Gericht. Das Problem: Nicht überall in Deutschland werden schon bei den geringsten Anzeichen von Gewaltanwendung Rechtsmediziner hinzugezogen, um Beweise zu erheben und weitere Kindesmisshandlungen zu unterbinden. „Man muss rechtzeitig einschreiten“, fordert die Rechtsmedizinerin, „weil die Gewalt weitergeht, wenn es nicht erkannt wird“.
In Mannheim arbeitet das Kinderschutzteam des Jugendamtes eng mit den Kinderärzten im Universitätsklinikum und den Heidelberger Rechtsmedizinern zusammen. Hat Sozialarbeiter Manuel Lehner den Verdacht auf Kindeswohlgefährdung, fährt er zusammen mit einer Kollegin los, um das Kind zur Notaufnahme zu bringen. Gemeinsam mit einer Psychologin wird das Kind dort auf Gewaltspuren untersucht, diese werden detailliert dokumentiert. Je nach Schwere der Gewaltanwendung müssen die Sozialarbeiter zumindest vorübergehend für eine Fremdunterbringung sorgen. Eine Entscheidung, die allen Beteiligten schwerfällt: „Es ist wirklich ein Dilemma: Wenn ich ein Kind zu früh rausnehme, dann bin ich derjenige, der den Eltern gleich die Kinder weggenommen hat“, formuliert Rainer Becker von der Deutschen Kinderhilfe e. V. die Problematik der Jugendämter. „Und wenn ich entscheide noch abzuwarten und das Kind plötzlich zu Tode kommt, dann werde ich meines Lebens nicht mehr froh“. Aus diesem Grund wird über das Wohl und Wehe der Kinder grundsätzlich im Team entschieden.