Entdecker und Eroberer, Pilgerväter und Piraten, Waljäger und Sklavenhändler, Verfolgte und Befreier überquerten den Atlantik. Dieser Ozean trieb Menschen zu den abscheulichsten und verrücktesten, bewundernswertesten und kühnsten Taten. Der Atlantik ist ein Kraftwerk der Geschichte, das Binnenmeer unserer westlichen Zivilisation. Vor 500 Jahren noch war er für Europäer das Ende der Welt, dann wurde er rasch zum Schlachtfeld von Wirtschaftsinteressen, zur Brücke zwischen Kontinenten und Kulturen.
Begegnungen mit Menschen, deren Leben mit der Geschichte dieses Ozeans verbunden ist, zeigt die transatlantische Reportage von Wolfgang Herles. "Der Große Teich", ein ungewöhnliches politisch-historisch-kulturelles Reisefeuilleton, das zu einem neuen Bewusstsein gegenüber dem Atlantik beitragen möchte, den die meisten Menschen im Flugzeug gedankenlos überqueren.
Tee und Wale
Der erste Teil der Reportage beginnt mit dem großartigen Erlebnis der Mittsommernacht auf Island. Auf dieser Insel am Polarkreis stoßen die amerikanische und europäische Kontinentalplatte unmittelbar aufeinander. An dieser Naht wächst der Atlantik noch immer, und genau an dieser Stelle tagte vor mehr als 1000 Jahren das erste repräsentative Parlament der Welt, das der Wikinger, die auch als erste den Atlantik überquerten und in Nordamerika siedelten.
Die Reportage zeigt auch, wie auf Island Wale geschlachtet werden. Der Walfang ist die erste große atlantische Industrie. Sie wird zur wirtschaftlichen Grundlage der frühen amerikanischen Kolonien. Wolfgang Herles trifft auf Cape Cod Charles "Stormy" Mayo, einen Meeresbiologen und Walschützer, dessen Vorfahren Jahrhunderte lang als Walfänger ihr Glück machten. Eng verbunden mit dem Atlantik ist die Geschichte der Demokratie. Die Ideen der Tea Party in Boston gegen Englands Krone beflügelten die Französische Revolution. So wanderten im Lauf der Geschichte die Ideen der Freiheit immer wieder über den Atlantik.
Diskussion in der Steueroase
Ein Ozean der Freiheit war der Atlantik für Millionen von Auswanderern. Auch der deutsche Jude Fritz Stern entkam 1938 auf einem Schiff den Nazis. In New York wurde er zum berühmten Historiker, der sich heute vehement um die transatlantischen Werte sorgt, die Werte der Freiheit, gerade in den USA.
Einen Überschuss an Freiheit dagegen beansprucht die moderne Finanzindustrie. Deshalb führt die Reportage weiter auf die alte Freibeuterinsel Grand Cayman, dem fünftgrößten Finanzplatz der Welt, der berüchtigtsten Steueroase. Wolfgang Herles diskutiert dort mit führenden Akteuren.