"37 Grad" hat ein halbes Jahr drei an Demenz Erkrankte und deren Familien begleitet. Wie gehen die Angehörigen mit der Krankheit um, was bedeutet das für das Zusammenleben in der Familie, im Alltag, in der Ehe? Was verändert sich dadurch?
Christa erhält im Jahr 2011 die Diagnose Alzheimer. Sie ist gerade 60 geworden. Damals freuten sich Christa und ihr Ehemann Michael schon auf ein schönes gemeinsames Rentnerleben. Aber Jammern und Klagen kam für das lebensfrohe Ehepaar auch nach der Diagnose nie infrage. "Sicher hat man sich die Zeit nach dem Arbeitsleben anders vorgestellt, aber dem darf man nicht nachtrauern", erklärt Michael. Der Ehemann nimmt fast all seine Zeit und Kraft, damit seine Frau aktiv bleibt: Sie sind jeden Tag zu Veranstaltungen unterwegs, fahren in den Urlaub, unternehmen Ausflüge. Christa scheinen diese Freizeitaktivitäten gut zu tun.
Angehörige sollten sich Freiräume nehmen
Seit der Diagnose sind mittlerweile acht Jahre vergangen. Aber die Erkrankung schreitet bei der mittlerweile 68-Jährigen nur sehr langsam voran: "Ich bin froh, dass ich noch einiges alleine machen kann", sagt Christa. Michael bringt sie zur Sing-Gruppe, zum Kochkurs. Wenn Christa versorgt ist, hat Michael ein, zwei Stunden für sich allein: "Es ist wichtig, dass sich die Angehörigen Freiräume nehmen, um einfach selbst fit zu bleiben."
Gerade bei jungen Dementen übernehmen meist die Partner und Kinder die Betreuung, die mit der zunehmenden Verschlimmerung der Krankheit immer intensiver wird: Oft ist für die Pflegenden der eigene Job mit der zeitintensiven Betreuung nur schwer vereinbar, auch das soziale Leben tritt in den Hintergrund.
Joachim, Andrea nennt ihn liebevoll Jo, hat Luft- und Raumfahrttechnik studiert. Er leitete ein Ingenieurbüro in Hamburg. Im Alter von 50 Jahren wird bei ihm Alzheimer diagnostiziert. Den Beruf muss er aufgeben. Fünf Jahre ist das jetzt her. Alles hat sich seither geändert. Das Ehepaar zieht in den Schwarzwald. Andrea hat ihren Job aufgegeben, kümmert sich rund um die Uhr um ihren Mann. Nur an ihrer Liebe hat sich nichts verändert. "Es ist die Krankheit, die anstrengend ist, aber nicht mein Mann", sagt Andrea. Doch die 56-Jährige spürt auch an ihrer Anspannung und der Belastung, dass sich Joachims Zustand immer weiter verschlechtert. Er ist mittlerweile zu 100 Prozent auf ihre Hilfe angewiesen.
Die Krankheit wird für alle lebensbestimmend
Peter ist 70 Jahre alt. Noch immer arbeitet er als selbstständiger Bauingenieur. Er braucht das Geld, um das Pflegeheim seiner Frau Jenny bezahlen zu können. Die 63-Jährige hat Demenz im letzten Stadium. Die Diagnose stellten ihr die Ärzte im Alter von 55 Jahren. Seither war Peters Leben bestimmt von der Pflege seiner Frau: "Ich war praktisch ständig auf dem Sprung, nach Hause zu fahren, weil irgendwas los war." 2017 schafft Peter die Pflege nicht mehr. Er findet für Jenny ein Pflegeheim.
Der 70-Jährige besucht seine Frau, so oft es geht - und so oft er es seelisch schafft. Mittlerweile versucht Peter, Schritt für Schritt das eigene Leben wiederzuentdecken. Um das zu schaffen, braucht er professionelle Hilfe: "In der Therapie habe ich daran gearbeitet, dass ich mit dem Zurückkommen des eigenen Lebens kein schlechtes Gewissen haben muss."
"37 Grad" dokumentiert, wie sich die Lebenssituation innerhalb der Familie verändert, wenn der Partner oder ein Elternteil an Demenz leidet. Dabei stehen die Erkrankten im Mittelpunkt der Beobachtung.
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