Während der durchschnittliche Haushalt in Deutschland vor 100 Jahren 180 Dinge besaß, sind es heute circa 10.000. Stetige Reizüberflutung, aggressive Werbung und marktfreundliche Erziehung sollen uns dazu anhalten, immer mehr zu konsumieren.
Doch langsam entsteht eine Gegenbewegung, und Menschen beschäftigen sich mit der Reduktion aufs Wesentliche. Die Sehnsucht nach Übersichtlichkeit und die Konzentration auf das, was wirklich wichtig ist, gewinnen an Bedeutung. Dabei gibt es für minimalistische Lebensentwürfe weder Blaupausen noch Patentrezepte. Jeder muss für sich selbst den besten Weg finden, das eigene Leben komplett umzukrempeln.
Leben auf kleinem Raum
Nach der Trennung von ihrem Partner verkauft Susanna (65) das gemeinsame, 200 Quadratmeter große Haus und zieht in eine ganze neun Quadratmeter umfassende Gartenlaube. Den Großteil ihres Besitzes verschenkt oder veräußert sie, reduziert sich auf das Nötigste. Von nun an muss die Osteopathin, um wenigstens etwas Platz zu haben, ihr improvisiertes Bett jeden Tag auf- und abbauen und ihre Mahlzeiten auf einem Gaskocher vor dem Fenster zubereiten. Doch auf engstem Raum entdeckt Susanna sich ganz neu und erlebt die Veränderung hin zur Minimalistin als großes Abenteuer.
Weil es ihr in der Laube auf Dauer zu einsam ist, sucht Susanna nach einer für sie geeigneten alternativen Wohnform. In Betracht kommt die Anschaffung eines Wohnwagens genauso wie das Leben in einem Tiny House, einem der selten mehr als 15 Quadratmeter großen, mobilen Holzhäuser. Doch Susanna wünscht sich mehr als nur einen Wohnort: Sie sucht eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten, der sie sich anschließen kann. Wird sie diese im Tiny House Village im bayerischen Mehlmeisel finden?
Im Einklang mit der Natur
Marc (45) ist den umgekehrten Weg gegangen. Er hat sich aus der Gemeinschaft mit anderen weitestgehend zurückgezogen. Nachdem er schwer depressiv geworden war, verließ der ehemalige Golflehrer mit nichts als einem Rucksack seine Wohnung und kehrte nie mehr zurück. Seit fast sieben Jahren lebt Marc im Odenwald. Zunächst bewohnte er ein Tipi, seit 2017 lebt er in einer selbst konstruierten und selbst gebauten Hütte, ohne Strom, fließend Wasser und Toilette. Und trotzdem: Marc ist so glücklich wie nie zuvor. Seine einzige Gefährtin: die Mischlings-Hündin Rala.
Marc schlägt sein eigenes Holz zum Heizen und Kochen, erntet selbst angebautes Gemüse und lebt als "Waldmensch" im Einklang mit der Natur. Obwohl sein Lebensstil viele Neugierige anzieht, die bei ihm sogar Wildnis-Kurse buchen, bleibt Marcs Entscheidung, nur mit dem Nötigsten zu leben, oft unverstanden: nicht zuletzt von der eigenen Mutter, die ihn regelmäßig besucht und sich immer noch wünscht, "dass ihr Junge wieder vernünftig wird". Marc hat für seine Hütte keine offizielle Genehmigung - wird er dauerhaft im Odenwald bleiben dürfen?
Den Besitz massiv reduzieren
Von einem minimalistischeren Leben erhofft sich Antonia (36) vor allem mehr Zeit. Daran mangelt es ihr als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, die neben dem Haushalt noch zwei Jobs zu bewältigen hat. Antonia hat sich vorgenommen, ihren Besitz um die Hälfte zu reduzieren, denn weniger Kram bedeutet zugleich weniger Arbeit. Das gilt für ihre mehreren Mini-Donut-Maker genauso wie für den untauglichen Eiscrusher und ungenutztes Spielzeug. Beim Ausmisten im Kinderzimmer kommt es zu Diskussionen mit dem Nachwuchs. Die Mutter muss sich entscheiden: Will sie ihren Kindern nachgeben oder ihren neuen Lebensentwurf konsequent verfolgen?
Bei ihrem Kleiderschrank hingegen muss Antonia keine Kompromisse eingehen. Ihr Ziel: eine sogenannte Capsule Wardrobe. Bei diesem Konzept lassen sich zwischen 30 und 50 Kleidungsstücke mühelos kombinieren. Angesichts des übervollen Schranks ein ambitioniertes Vorhaben.
Ein "37 Grad"-Film über drei Menschen, die auf ganz unterschiedliche Weise "Schluss mit Überfluss" machen wollen.