Die Realität des Lebens im Urlaubsparadies
Für viele Deutsche ist Mallorca ein begehrter Wohnsitz geworden, auch im Ruhestand. Knapp 20.000 sind offiziell auf der Insel gemeldet. Doch auch hier kann das Schicksal zuschlagen. Was verändert sich, wenn die Träume vom Leben unter Palmen platzen?
Die "37 Grad"-Sendung begleitet Menschen, die sich eine neue Heimat auf Mallorca aufgebaut haben, deren Traum vom sorgenfreien Leben aber nicht erfüllt wird. Der Film zeigt die Realität des Lebens im Urlaubsparadies, das härter, komplizierter und einsamer sein kann, als sich viele das ausgemalt haben. Insbesondere durch Krankheiten, die das Leben gravierend verändern, können Auswanderer durch das soziale Netz fallen.
Die Job-Auswahl ist begrenzt
Tina kam 2013 mit ihrem Sohn aus Erlangen nach Mallorca. Da hatte die heute 51-Jährige schon ein buntes Berufsleben als Fremdsprachenkorrespondentin, Tanzlehrerin und Gastronomin hinter sich. Tina hatte immer vom Leben im Süden geträumt. Jetzt zieht sie eine bittere Bilanz: Tina hat kein Auto, keinen festen Job und eine Mini-Wohnung, in der die Wände schimmeln. "Manchmal weiß ich nicht, ob ich im nächsten Monat noch Miete zahlen und was zu essen kaufen kann oder ob ich zurück nach Deutschland muss."
Die Erlangerin spricht fließend Spanisch, doch im Alter über 50 ist die Job-Auswahl im Saisongeschäft auf der Urlaubsinsel begrenzt. Es gibt nur Zeitverträge von einigen Monaten, mehr als 1.200 Euro verdient sie damit nicht - zu wenig, während die Mietpreise explodieren. Ein soziales Sicherungsnetz fängt die Deutsche nicht auf: Arbeitslosengeld bekommt nur, wer über längere Zeiträume einen festen Arbeitsvertrag in Spanien hatte. An Weggehen will Tina dennoch nicht denken: "Ich will das hier schaffen. Ein Neuanfang in Deutschland ist genauso schwer." Ihr Kontostand reicht für die nächsten Wochen. Als Tanzlehrerin unterrichtet sie gerade ein paar deutsche Rentner. Aber dauerhaft ist das wieder keine Lösung.
Rentnerglück sieht anders aus
Finanzielle Sorgen hatten Ex-Manager Ralf (69) und Ulla (71) nicht, aber die Gesundheit machte in Deutschland beiden zu schaffen. Aus Liebe zu Mallorca bauten sie 2000 eine Traumfinca in den Bergen der Insel. Vor einigen Jahren kam dann der Einbruch: Ulla erkrankte an Parkinson. Auf der Insel gibt es teure Privatkliniken, doch die 71-Jährige ist Kassenpatientin, und spanische Insel-Krankenhäuser sind auf solche Erkrankungen nicht eingestellt. Zahllose Male musste Ulla nach Deutschland fliegen und bekam letztlich einen Gehirnschrittmacher.
Die Krankheit hat das Leben des Paares nun stark verändert. Das Haus in den Bergen mussten sie verkaufen und in eine Mietwohnung ziehen, weil Ulla die vielen Stufen nicht mehr laufen kann. Die deutschen Freunde vom Golfplatz und in den Clubs halten noch zu dem Paar, doch Rentnerglück sieht anders aus. "Ich weiß gar nicht mehr, wann wir beide mal von Herzen gelacht haben", sagt Ulla nachdenklich. "Manchmal denke ich einfach, wenn Ralf eine gesunde Frau hätte, hätte er nicht so viel Kummer."
Der 69-jährige Manager kümmert sich liebevoll um Ulla, gesteht aber auch: "Manchmal leide ich unter der Krankheit mehr als meine Frau und muss aufpassen, dass ich nicht depressiv werde." Ulla zahlt nun die Kosten der monatlichen Behandlungen in einer Privatklinik, weil sie sich dort besser versorgt fühlt. Aber wie lange noch? Die Krankheit schreitet unaufhaltsam voran, doch Ralf und Ulla wollen eigentlich nicht zurück nach Deutschland.
Bei Krankheit kann der Traum platzen
Die Jobbörse vom Inselradio hat Christine (53) permanent im Blick. 2005 kam die gebürtige Schwarzwälderin mit ihrem 22 Jahre älteren Mann Dieter nach Mallorca. 45 Jahre hatte Rentner Dieter (75) als Monteur und Gastronom gearbeitet und schon seit den 60er Jahren davon geträumt, irgendwann für immer auf "seiner" Insel zu leben. Das Meer, die Steilküste, die langen Strände und Promenaden, das milde Klima, ein schöner Lebensabend. Mit Dieters Rente von 700 Euro und Christines Verdienst als spanischsprechende Reiseleiterin wollten die beiden es sich gut gehen lassen. Sie mieteten eine kleine Wohnung am Hafen von Arenal.
Doch dann bekam Dieter einen Schlaganfall: Die Behandlung im Insel-Krankenhaus war gut, doch der Ärger begann mit der Pflegestufe. Dieter muss seine Kosten selbst tragen, Sachleistungen - wie in Deutschland - gibt es nicht. Christine pflegt ihren halbseitig gelähmten Mann allein, dennoch muss sie arbeiten, um über die Runden zu kommen. Einmal pro Woche reist sie während der Ferienzeit mit Touristen über Mallorcas Traumstraße, dann muss Dieter allein zurechtkommen. Halbtägige Gelegenheitsjobs wie Putzstellen in den Fincas von reichen Deutschen helfen, finanzielle Engpässe zu überbrücken. Doch die Kräfte der 53-Jährigen schwinden unter der Dauerbelastung. Christines größte Angst ist, dass sie selbst krank wird: "Dann müssen wir zurück nach Deutschland, für Dieter wäre das ein Albtraum."