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Leben nach dem Missbrauch

Film von Nathalie Suthor

"37°: Leben nach dem Missbrauch": Markus Klaaßen steht vor einem Altar.
von Nathalie Suthor

Dass christliche Institutionen auch Orte sexualisierter Gewalt sind, ist schon länger bekannt. Wie geht die evangelische Kirche mit den Betroffenen um?

Verfügbarkeit:
Im TV-Programm: ZDF, 28.01.2025, 22:15 - 22:45
Verfügbarkeit:
Video verfügbar ab 28.01.2025, 08:00

Im Januar 2024 wurde eine Studie zu sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) und der Diakonie vom unabhängigen Forschungsverbund ForuM vorgestellt. Die Studie geht aktuell von rund 2225 Fällen aus.
Stimmen diese Zahlen?

Die Dunkelziffer des Missbrauchs

Nach einer Schätzung der Forscher liegt die tatsächliche Zahl der Betroffenen deutlich höher. Ein Grund dafür: Nicht alle Landeskirchen haben vollumfänglich die geforderten Daten offengelegt. Für die Betroffenen ein Affront. Wie könnte eine für die Betroffenen gute Lösung aussehen? Was sagt die Kirche?

Von der Ohnmacht zur Stärke

Nancy Janz (44) hat als junge Frau sexuelle Übergriffe und Missbrauch in einer diakonischen Einrichtung durch einen evangelischen Jugendpastor in Niedersachsen erlebt. Das, nachdem sie schon in ihrer eigenen Familie sexualisierte Gewalt erfahren hat. "Ich war allein, haltlos, ohne Anbindung und psychisch instabil, als er mir seine Hilfe anbot." Nancy wendet sich von der Kirche ab. Doch dann kam die Wut. Inzwischen ist sie Sprecherin der Betroffenen im Beteiligtenforum der EKD. Für sie ist trotz ihrer schrecklichen Erlebnisse die Kirche immer noch ein gesellschaftlicher Ort, der viel Positives hat.

Aufarbeitung und Aktivismus

Anselm Kohn (54) und seine älteren Brüder wurden als Jugendliche von dem Stiefvater, einem Ahrensburger Pastor, belästigt und missbraucht. Dieser Täter suchte sich aber seine Opfer nicht nur unter den fünf Stiefkindern, sondern auch unter anderen jugendlichen Personen im Umfeld der Gemeinde und das über Jahre. Anselm Kohn und sein ältester Bruder Stephan haben mit anderen Betroffenen viel Aufmerksamkeit für ihre Sache erreicht. Es gab Mahnwachen, einen Verein und mediale Aktivitäten, immer mit dem Ziel, den Fall aufzuarbeiten und die Verantwortlichen, die den Täter jahrelang haben gewähren lassen, zur Verantwortung zu ziehen. Kohn sitzt zu Hause auf einem Berg von Unterlagen auch zu anderen Fällen, die das ganze Ausmaß des Missbrauchs verdeutlichen.

Trauma und späte Anerkennung des Leids

Markus Klaaßen (49) wuchs in sozial schwachen Verhältnissen am Rande von Gelsenkirchen auf. Seine Kindheit zu Hause war von Gewalt, Missachtung und Süchten der Eltern geprägt. Nachdem sein Stiefvater in Haft kam, bat seine Mutter den evangelischen Pfarrer vor Ort um finanzielle Unterstützung. Der Pfarrer gewährte dies, aber mit der Bitte, dass der kleine Markus dann auch konfirmiert wird. Als es dann soweit war, sedierte der Pfarrer den Jungen, um ihn sexuell zu missbrauchen. Hochgradig traumatisiert, verdrängte er die Missbrauchsvorfälle komplett. Sie verschwanden aus seinem Bewusstsein. Viele Jahre später stellte Markus Klaaßen Strafanzeige und wandte sich an die Kirche. Nach einem mühsamen Prozess und einem Strafverfahren, das wegen Verjährung eingestellt wurde, erhielt er 35.000 Euro für die Anerkennung des Leids von der evangelischen Kirche im Rheinland. Der Täter verweigerte die Aussage.

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