"Wenn du dreimal am Tag eine dreiviertel Stunde lang denkst, du stirbst, dann macht das was mit dir", sagt der Sänger Nicholas M. aus eigener Erfahrung. Weder Goldene Schallplatten noch der ECHO-Gewinn konnten verhindern, dass ihn die Panik von der Bühne holte.
Besserung dank Therapien und guten Freunden
Mit großer Wucht und unabsehbaren Folgen trifft diese heimtückische Krankheit laut fachärztlicher Statistik rund zehn Millionen Menschen in Deutschland. Angststörungen sind von Kassen und Ärzteverbänden erst seit wenigen Jahren als eigenständige Krankheit anerkannt. Angstkranke sind immer noch schlecht versorgt, müssen oft lange Wartezeiten auf sich nehmen, weil Therapieplätze fehlen.
Seit zwölf Jahren, seit dem Tod seiner Mutter, leidet Nicholas M. unter der Krankheit. Jahrelange Therapien, monatelange Klinikaufenthalte und Psychopharmaka waren nötig, um ihn wieder lebenstüchtig zu machen. Gesprächs-, Verhaltens- und tiefenpsychologisch basierte Therapien - Nicholas kennt alle. Er plädiert dafür, Therapieplätze auszubauen, um angstgestörte Menschen schneller in Behandlung zu bringen. Dass der Sänger wieder in der Lage ist, eine zweite Karriere mit seiner neuen Band "Von Brücken" starten zu können, brauchte es allerdings zusätzlich gute Freunde, die auch dann noch zu ihm hielten, als seine Krankheit und er ziemlich schwierig waren.
Durch Konfrontation die Angst besiegen
"Die Angst nimmt mir mein Leben", sagt Jeanette H., die es seit Jahren allein nicht mehr aus dem Haus schafft. Gartenarbeit, mit den Hunden raus, einkaufen oder zur Therapie - ohne ihren Ehemann geht gar nichts, erklärt die knapp 50-Jährige. Selbst während des einstündigen Besuches beim Psychologen muss ihr Mann vor der Tür warten, darf nicht kurz einkaufen gehen, "sonst bekomme ich Panik". Auch die Einladung ihrer Tochter ins Wellness-Bad wird zum Desaster: Klaustrophobie und ständige Fluchtgedanken machen ihr den Aufenthalt im palmengesäumten Bad unmöglich. Selbst ein Besuch beim Friseur - für die meisten Menschen ein Genuss - wird für sie zur Qual. Jeanette leidet an einer generalisierten Angststörung. Sie ist schonungslos offen und lässt sich mit der Kamera begleiten in die angstbesetzten Zonen ihres Alltags.
"Mein Leben ist geschrumpft auf die Größe meiner Wohnung", sagt Petra A. Auch sie kann seit Jahren die Wohnung nicht mehr allein verlassen. Ihre Kinder und ihr Ehemann müssen sie begleiten, und selbst dann schafft sie es oft nicht weiter als 100 Meter. Ihr machen Autolärm, Menschen auf der Straße oder im Supermarkt Angst: Herzrasen, Atemnot, hoher Puls, Schwindel - Panik. Die immer gleiche Abfolge, die sie seit Jahren kennt und gegen die sie trotzdem kaum ankommt. Ihr Therapeut rät, sich mit der Angst zu konfrontieren und zu lernen, dass man solche Situationen durchstehen kann.
"37 Grad" begleitet drei Menschen mit Angststörungen in ihrem Alltag und zeigt, wie hart und schwer der Kampf gegen diese Krankheit ist.