Sie sind hier:

Wurde Winnetou wirklich gecancelt?

Hintergründe zur heute-show vom 09.09.2022

Wurde Winnetou wirklich gecancelt?

Die Debatte um den Schriftsteller Karl May (1842-1912) ist in den vergangenen Wochen heftig entbrannt. Anlass war der Entschluss des Ravensburger Verlags, die Kinderbücher „Der junge Häuptling Winnetou" zu dem gleichnamigen Kinofilm aus dem Programm zu nehmen. Das Buch war für seine rassistische und klischeehafte Darstellung amerikanischer Ureinwohner kritisiert worden. Der Verlag erklärte zu seinem Entschluss, „mit den Winnetou-Titeln die Gefühle anderer verletzt (zu) haben“, und wurde dafür selbst wiederum vielfach kritisiert.

Laut der Agentur Scompler, deren Autor die Winnetou-Debatte untersucht hat, haben die Menschen in Deutschland ab Mitte August (BILD-Berichterstattung) das Stichwort „Winnetou“ häufiger gegoogelt als „Strompreis“ und „Inflation“. Seine Folgerung: Es habe nie einen Winnetou-Shitstorm gegeben, vielmehr hätten einflussreiche Medien wie die BILD-Zeitung diesen erst befeuert. In dem Scompler-Beitrag heißt es: „Nach Auswertung der Daten aus dem Internet mit dem marktführenden Analyse-Tool Talkwalker zeigt sich, dass die aktuelle Diskussion um Winnetou eine perfekte Scheindebatte ist (…). Aus den Daten lässt sich keinerlei signifikanter und illegitimer öffentlicher Druck durch irgendwelche Aktivisten auf Ravensburger belegen."

Irgendwann wurde sogar behauptet, die ARD hätte die Winnetou-Filme und deren Ausstrahlung „gecancelt“. Es stimmt zwar, dass die ARD-Sender die Filme nicht mehr zeigen werden – aber nicht aus „Cancel“-Gründen, sondern weil die Senderechte der ARD an den Filmen im Jahre 2020 endeten. Auch künftig seien keine Lizenzkäufe für Winnetou-Filme geplant. Das ZDF hingegen besitzt Ausstrahlungsrechte für diverse Karl-May-Filme, „die in den nächsten Jahren zur Sendung kommen“.

Auch Markus Söder (CSU) nahm das angebliche Canceln der ARD zum Anlass sich in einem Tweet über die Debatte aufzuregen. „Winnetou und Old Shatterhand waren Idole ganzer Generationen. Es ist falsch, dass Buchverlage und Sender aus Sorge vor Kritik einzelner Winnetou verbannen. Bei allem Verständnis, nimmt das langsam absurde Züge an.“ Auch Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer musste sich in die Debatte um Winnetou einschalten. In der Bild-Zeitung kündigte er an, er werde nun schon einmal „Winnetou-Material hamstern“.

Warum reagieren viele Deutsche so empört auf Kritik an den Geschichten von Karl May, fragte der SPIEGEL dieser Tage. Die Historikerin Christin Hansen erklärt im Interview für viele Menschen sei Winnetou „heilig“: Winnetou sei Vorbild für das deutsche Wesen gewesen. Hansen erkennt aber auch koloniale und rassistische Muster in Mays Büchern. So seien beispielsweise Indianer vom Intellekt her immer unterlegen.

Die taz-Kommentatorin findet die May-Bücher „rassistisch, deutschtümelnd und frauenfeindlich“ und darüber hinaus sei die ganze Debatte darum ein Paradebeispiel dafür, wie schlecht Cancel-Debatten oft laufen würden. „In einer Welt, in der ein gehöriger Teil von Kunst Sexismus, Klassismus oder Rassismus enthält: Wie viel ist zu viel? Wie geht man sinnvoll mit rassistischer Kunst um? Es ist überfällig, das klüger zu diskutieren.“

Und Carmen Kwasny, die Vorsitzende der „Native American Association of Germany“, kritisiert im Interview mit dem Sender Deutschlandfunk Kultur, dass das neue Buch „Der junge Häuptling Winnetou“ zahlreiche Klischees transportiere.

Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Bewertet! Bewertung entfernt Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Embed-Code kopieren HTML-Code zum Einbetten des Videos in der Zwischenablage gespeichert.
Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen des ZDF.

Sie haben sich mit diesem Gerät ausgeloggt.

Sie haben sich von einem anderen Gerät aus ausgeloggt, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Ihr Account wurde gelöscht, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Um Sendungen mit einer Altersbeschränkung zu jeder Tageszeit anzuschauen, kannst du jetzt eine Altersprüfung durchführen. Dafür benötigst du dein Ausweisdokument.

Zur Altersprüfung

Du bist dabei, den Kinderbereich zu verlassen. Möchtest du das wirklich?

Wenn du den Kinderbereich verlässt, bewegst du dich mit dem Profil deiner Eltern in der ZDFmediathek.

Du wechselst in den Kinderbereich und bewegst dich mit deinem Kinderprofil weiter.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Entweder hast du einen Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert, oder deine Internetverbindung ist derzeit gestört. Falls du die Datenschutzeinstellungen sehen und bearbeiten möchtest, prüfe, ob ein Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus. So lange werden die standardmäßigen Einstellungen bei der Nutzung der ZDFmediathek verwendet. Dies bedeutet, das die Kategorien "Erforderlich" und "Erforderliche Erfolgsmessung" zugelassen sind. Weitere Details erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Möglicherweise hast du einen Ad/Script/CSS/Cookiebanner-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert. Falls du die Webseite ohne Einschränkungen nutzen möchtest, prüfe, ob ein Plugin oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus.