Seit einer Woche diskutieren im ägyptischen Scharm el Scheich Delegierte aus mehr als 190 Ländern bei der Weltklimakonferenz. Die Hauptthemen: Die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens und eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius. Derzeit steuert die Erde eher auf rund 2,5 Grad Celsius zu. Mit teils scharfer Kritik haben jetzt Umweltorganisationen auf die Eckpunkte für den Entwurf der Abschlusserklärung reagiert. Das Papier enthält, so die Kritik, viele offene Fragen – und es fordert zwar einen schrittweisen Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohle, aber eben nicht den Abschied von Öl und Gas.
Wenn auch nicht so stark wie andere Regionen – auch Deutschland ist bereits jetzt vom Klimawandel betroffen: Hitzesommer, Waldbrände oder auch die Flut im Ahrtal sind auf die Veränderungen zurückzuführen. Durch den Klimawandel sterben hierzulande jedes Jahr Hunderte, wie aus einer Studie des Prognos-Instituts im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums hervorgeht. Die Schäden im Jahresdurchschnitt seit der Jahrtausendwende: mindestens 6,6 Milliarden Euro. Tendenz zunehmend. Die tatsächlichen Klimafolgekosten in Deutschland liegen laut Experten sogar noch höher: „Wir können nur die Schäden erfassen, die sich greifen lassen. Auch gibt es große Erfassungslücken, was die Schäden vergangener Hitze- und Dürreereignisse wie beispielsweise 2003 angeht“, so Jan Trenczek von Prognos.
Schleunigst sollten wir also unsere Städte krisenfest machen. Das gelingt aber bislang nur eingeschränkt. Ein Problem: Zu viele Flächen sind versiegelt. Laut Bundesumweltministerium werden jeden Tag 54 Hektar Fläche für Siedlungen oder für Verkehrsanlagen ausgewiesen. Das ist ein Flächenverbrauch von über 70 Fußballfeldern pro Tag. Problematisch daran ist, dass zubetonierte oder asphaltierte Böden Nährstoffe und Regen nicht mehr aufnehmen. Je mehr Flächen versiegelt werden, desto mehr fruchtbarer Boden geht verloren. Weil weniger Wasser in den Boden gelangt, gibt es zudem weniger Grundwasser – dadurch steigt das Risiko für Trinkwassermangel und Dürreschäden. Auch die Gefahr für Hochwasser wächst, denn das Wasser kann so nicht mehr gleichmäßig im Boden versickern.
Zudem mehren sich die Hitzesommer. Besonders betroffen: Menschen, die in Städten leben. Denn in Städten ist es bis zu zehn Grad heißer als auf dem Land, weil Betonwüsten die Wärme speichern. Deutsche Städte waren in den letzten Jahren bereits deutlich häufiger von Hitzewellen betroffen. In München etwa haben sich die heißen Tage und Nächte verdreifacht. Andernorts gibt es bereits Kühlkammern zum Schutz der Bevölkerung an solchen heißen Tagen, etwa in New York.
Eine weitere Lösung für das Hitzeproblem wäre Begrünung. Der Meteorologie-Professor Stefan Emeis spricht sich im Deutschlandfunk-Gespräch für mehr Grün in unseren Städten aus. Mehr Bäume, weniger Parkplätze, fordert er: „Was nützt mir ein Markt mit vielen Parkplätzen, wenn es so heiß ist, dass die Leute nicht mehr hingehen.“ Auch das Umweltbundesamt fordert mehr Grün und mehr Schatten gegen die hohen Temperaturen.
Leipzigs Umweltbürgermeisterin will das momentan testen. Die Stadtverwaltung will jedes Jahr 1000 Straßenbäume pflanzen und Leipzig in eine sogenannte Schwammstadt verwandeln. Eine Schwammstadt ist so gebaut, dass sie das Regenwasser dort aufnimmt und speichert, wo es fällt. Wichtige Elemente dabei sind bepflanzte Dächer und Fassaden. Mehr Bäume könnten an heißen Sommertagen die Temperaturen senken und Hitzeinseln vermeiden. Doch statt den Baumbestand in Leipzig aufzustocken, ist die Stadt damit beschäftigt, die Opfer von Hitze und Unwetter zu ersetzen. Seit 2019 mussten deshalb über 5000 Bäume gefällt werden.
Dies alles sind vorbeugende Maßnahmen – was aber, wenn Katastrophen akut anstehen? Da greift in Deutschland eigentlich der Katastrophenschutz. Der funktioniere aber bei weitem nicht so gut wie gewünscht. Ein Kommentar in der Süddeutschen Zeitung: „Wie die Armee kam auch der Zivilschutz nach dem Ende des Kalten Krieges unter die Räder, es wurde gespart und gestrichen. Die Frage, ob die zersplitterten Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Landkreisen heute noch taugen, wurde lieber gar nicht mehr gestellt.“
Ob Technisches Hilfswerk, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenschutz (BBK) oder die örtlichen Gefahrenabwehrbehörden: Der Bevölkerungsschutz in Deutschland ist sehr breit aufgestellt – zu breit, sagen Kritikerinnen und Kritiker.
Am 8. Dezember findet der nächste bundesweite Warntag statt – das ist ein Testtag, um den Ernstfall zu proben. Damit will die Bundesregierung sicherstellen, dass die Bevölkerung über verschiedene Kanäle gewarnt werden kann.
In Berlin laufen die Vorbereitungen für den Katastrophenschutz derzeit nicht gut. So ist laut Berliner Morgenpost die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in Sachen Zivilschutzsirenen auf Berliner Gebäuden ins Stocken geraten. Bislang wurden 28 Sirenen errichtet, geplant sind allerdings 400 solcher lautstarken Warneinrichtungen – bis Ende 2023.
Starke Regenfälle hatten Mitte Juli 2021 starke Überschwemmungen an Flüssen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ausgelöst. Viele Gemeinden, insbesondere im Ahrtal, wurden verwüstet. In Rheinland-Pfalz kamen im Zusammenhang mit dem Hochwasser 134 Menschen ums Leben. In Nordrhein-Westfalen gab es 48 Tote. Nach der Katastrophe entstand eine Debatte darüber, ob man die Menschen vor Ort rechtzeitig gewarnt hatte. Bisher musste man sich aktiv eine Warn-App wie Nina herunterladen, um per Smartphone informiert zu werden. Mit der neuen Einrichtung „Cell Broadcast“ können auch Mobilfunkgeräte ohne Smartphone-Funktion Nachricht empfangen. In vielen anderen Ländern gibt es das bereits seit langer Zeit.