Deutschland kommt wegen zu schmutziger Luft durch Diesel-Abgase in vielen Städten immer stärker unter Druck. Die EU-Kommission hat jetzt angekündigt, die Bundesregierung mit einer Klage beim Europäischen Gerichtshof zur Einhaltung der Grenzwerte zwingen. Dabei drohen hohe Strafgelder. Das Handelsblatt berichtet über die Hintergründe des EU-Vorstoßes.
Die Kommentatorin von Zeit Online findet diesen Schritt der EU-Kommission überfällig: „Während die Justiz in den USA sich nicht scheut, wegen der VW-Betrügereien selbst gegen den ehemaligen Konzernchef Martin Winterkorn vorzugehen (und in Deutschland die staatlichen Ermittlungen noch laufen), hat die Kanzlerin die Autobranche erst am Mittwoch im Bundestag wieder in Schutz genommen.“
Nicht nur in Sachen Konzernchefs sind die USA konsequenter. Auch beim Thema Schadensersatz sind die Amerikaner mit ihren „Sammelklagen“ weiter. Ein Rechtsanwalt spricht bei Frontal 21 davon, dass „Verbraucherschutz in Deutschland seit vielen Jahren bedeutet, die Industrie vor dem Verbraucher zu schützen“. In Deutschland will Justizministerin Katarina Barley nun die „Musterfeststellungsklage“ einführen.
Der Rechtsexperte der ARD erklärt, warum dies kein Allheilmittel ist. Das Modell: Ein Verband klagt, quasi stellvertretend für die Verbraucher. Wer mitmacht, hat keine Kosten. In dem Musterverfahren werden dann einzelne umstrittene Fragen ein für alle Mal verbindlich geklärt. Nur: Um wirklich an Geld zu kommen, muss der Verbraucher die konkrete Summe am Ende doch alleine vor Gericht einklagen.
Wer denkt, bei den Autokonzernen hätte seit dem Diesel-Skandal vor über zwei Jahren und den drohenden Klagen großes Umdenken eingesetzt, der irrt. So ist vor kurzem Audi nochmal mit einer illegalen Abschalteinrichtung aufgeflogen. Betroffen sind dabei Diesel-Motoren des Typs V6 TDI Gen2 Evo in der Version mit 200 kW. Dort soll neben einer bereits bekannten illegalen Abschalteinrichtung eine weitere Betrugssoftware verbaut sein, die das Abgassystem manipuliert, berichtete Spiegel Online.
Der Spiegel beschrieb diese Woche, wie sich der neue VW-Chef Herbert Diess seit Kurzem als großer Aufklärer inszeniert – hinter den Kulissen des Konzerns aber erstaunlich wenig passiert ist. Die Autoren schreiben: „Doch nun ist die „Dieselthematik“, wie die Verantwortlichen die Affäre verniedlichend nennen, wieder zurück. Der Druck auf die deutschen Ermittler wächst, ihrerseits hart durchzugreifen. Geschädigte Anleger und Dieselfahrer schöpfen neue Hoffnungen auf Schadensersatzzahlungen. Möglicherweise muss der Konzern nachholen, was er von Anfang an zu vermeiden versucht hat: einen wirklichen Neuanfang.“ (Bezahlinhalt)