Seit einigen Wochen beschäftigt der Skandal um den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein die Öffentlichkeit. Der 65-Jährige soll seit den 1980er-Jahren mehrere Frauen sexuell belästigt, genötigt und einige von ihnen auch vergewaltigt haben. Ein Großteil von ihnen sind Schauspielerinnen, darunter Stars wie Ashley Judd. Die Frauen trauten sich zum Teil erst Jahrzehnte später, über die mutmaßlichen Taten öffentlich zu sprechen. Daraus entstand der Twitterhashtag #metoo. Unter #HowIWillChange beschreiben Männer, wie sie sich in Zukunft besser verhalten wollen.
Nicht nur in Hollywood ist sexueller Missbrauch ein Thema. Auch im Europaparlament gab es Beschwerden zu sexueller Belästigungen. In dieser Woche veröffentlichte das Onlineportal Politico eine Reihe von Aussagen von Frauen, die von Belästigung in der EU-Volksvertretung berichten. Am Mittwoch fand zu dem Thema eine Dringlichkeitsdebatte des EU- Parlaments statt.
Nach einer Untersuchung des Familienministeriums ist jede dritte Frau in Deutschland von sexualisierter und/oder körperlicher Gewalt betroffen. Jede Siebte erlebt strafrechtlich relevante Formen, wird vergewaltigt oder sexuell genötigt. Hochgerechnet kommt man so auf 160.000 Übergriffe jährlich – Belästigung und Vergewaltigungsdrohungen im Internet nicht mitgerechnet, fasst der Kölner Stadtanzeiger zusammen.
Teresa Bücker ist Chefredakteurin der Onlineplattform Edition F. Im Interview mit der Aktuellen Stunde (WDR) verweist sie unter anderem auf die Nachwirkungen von Hashtags der vergangenen Jahre wie den #Aufschrei und bemängelt: Geändert habe sich das Verhalten der Männer nicht. Bückers Beobachtung: Der Diskurs unter Männern fehle.
Der Spiegel-Autor Markus Brauck schreibt darüber, was der Fall Weinstein für Männer und deren Umgang mit Status, Macht und Sex bedeutet. Er ist der Meinung: „Die erste Reaktion kann da nur sein: zuzuhören, die Klappe zu halten. Und: zu akzeptieren, dass es sich nicht nur um ein paar Bürogeschichten aus der Vorzeit handelt, nicht nur um ein paar Machenschaften im fernen Hollywood.“ In der Welt findet es der Journalist Alan Posener einen „Skandal, wie viele Weinsteins es gibt“. Es komme, so Posener, bei der Beurteilung sexueller Ausbeutung nicht darauf an, ob der Ausbeuter ansonsten ein verdienstvoller Mensch sei.