Das Geschäft mit den so genannten Online-Casinos brummt hierzulande. Das Glücksspiel am PC ist nicht legal, aber bislang mehr oder weniger geduldet. Um dem Schwarzmarkt beizukommen, wollen die Bundesländer nun bald das Zocken im Internet unter bestimmten Regeln legalisieren. Der neue Glücksspielstaatsvertrag sieht vor, dass ab Juli 2021 erstmals auch Online-Casinos in ganz Deutschland eine Lizenz beantragen können. Dies ist bislang nur in Schleswig-Holstein möglich.
Mit den neuen Regelungen sind auch bestimmte Einschränkungen für Zockerinnen und Zocker verbunden, wie etwa die „Limitdatei“. Diese soll sicherstellen soll, dass jemand maximal 1000 Euro im Monat in Online-Glücksspiele einzahlen kann. Das ist allerdings umstritten. Diesen Betrag hält der der Glücksspielforscher Tobias Hayer für viel zu hoch: „Überlegen Sie mal: Geben Sie 1000 Euro im Monat für Alkohol oder Nikotin aus? Wahrscheinlich nicht.“
Das ARD-Politmagazin PlusMinus berichtet in diesem Beitrag über das Milliardengeschäft Glücksspiel unter anderem über das Dilemma der Bundesländer. Diese wollen einerseits bei den Milliardenumsätzen der Branche mitkassieren, andererseits aber auch die Bürgerinnen und Bürger vor Spielsucht schützen.
Erst vor kurzem hat das Landgericht Gießen entschieden, dass ein Spieler sein verzocktes Geld von einem Online-Casino zurückkriegt. Die Begründung: Der Online-Glücksspielanbieter habe dies überhaupt nicht anbieten dürfen, da es in Deutschland bis auf wenige Ausnahmen verboten sei. Der nach eigenen Angaben spielsüchtige Kläger aus Hessen hatte 2017 über die Webseite der Beklagten an dem Online-Glücksspiel „Live-Roulettes“ teilgenommen und dabei innerhalb weniger Wochen knapp 12.000 Euro verloren.
Bei Glücksspielenden ist Schleswig-Holstein gut bekannt. Denn das Bundesland ist das einzige, das bereits seit über zehn Jahren einen Sonderweg geht und in dem ein Dutzend Anbieter die offizielle Genehmigung hat, Onlinecasinospiele anzubieten. Diese bisherige Sonderregelung ist allerdings sehr umstritten. Mehr Informationen dazu finden sich hier.
Auch Influencerinnen und Influencer verdienen mit an dem Geschäft Online-Glücksspiele, zum Beispiel beim Live-Streaming-Videoportal Twitch oder bei Youtube. Die streamen sich beim Zocken, wie etwa der bekannte Twitch-Streamer Jens „Knossi“ Knossalla – und animieren so ihre Fans ihr Geld einzusetzen. Darüber berichtete unter anderem Frontal 21.
Ein Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu „Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland“ kommt zu dem Ergebnis, dass in Deutschland circa 229 000 Menschen mit problematischem und darüber hinaus rund 200 000 mit pathologischem Glückspielverhalten leben. Ein Viertel der Glücksspielenden gibt regelmäßig mehr als 50 Euro pro Monat für Glücksspiel aus.
Der Sportreporter Werner Hansch war jahrelange spielsüchtig. Im Interview mit der Zeit spricht er über seine Abhängigkeit, die Folgen und wie er sich am Ende daraus befreite. „Ich hatte enorme Schulden bei Freunden angehäuft. Ich hatte Briefe von Gerichtsvollziehern bekommen, diese gelben Umschläge. Die habe ich sofort in die Mülltonne geworfen. Ich stand mit dem Rücken zur Wand.“
Hilfe und Informationen für (mögliche) Spielsüchtige finden sich unter anderem hier. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat zudem eine Telefonberatung. Unter diesem Link findet sich ein Selbsttest zum Spielverhalten.