Nord Stream 2 steht für die zweite Ostsee-Pipeline zwischen Russland und Deutschland. Sie soll russisches Erdgas nach Westeuropa bringen und am Ende rund 1200 Kilometer quer durch die Ostsee verlaufen. Gesamtkosten: 9,5 Milliarden Euro. Nord Stream 2 ist das Folgeprojekt der bereits existierenden Leitung Nord Stream, die 2011 in Betrieb gegangen ist. Beide Pipelines sollen zusammen bis zu 110 Milliarden Kubikmeter Erdgas liefern. Starten wird die Gaspipeline im russischen Ust-Luga, enden wird sie in Lubmin bei Greifswald.
Nordstream 2 ist zu 94 Prozent fertig gebaut, allerdings ist das Projekt höchst umstritten. Die USA lehnen die Pipeline ab. Die Regierung des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump begründete ihre Ablehnung mit der Furcht, dass die Europäer sich von russischen Lieferungen abhängig machen würden. Zugleich wollen die USA aber auch eigenes Erdgas nach Europa verkaufen. Auch der neue Präsident Joe Biden verfolgt diese Linie weiter. Russland hingegen will, dass die Pipeline bald fertiggestellt wird. Das heute-journal berichtet über die Debatte und auch, warum das russische Schiff Fortuna derzeit aufgrund von US-Sanktionen kein Klopapier mehr bekommen darf.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ist aus energiepolitischer Sicht gegen den Bau. „Man sollte das Projekt nicht weiter unterstützen, schon gar nicht unter dem Deckmantel des Klimaschutzes“, sagt die DIW-Ökonomin Claudia Kemfert in der Augsburger Allgemeinen Zeitung. Denn: Die Pipeline widerspreche den Klimazielen und behindere die Energiewende mit einem Umstieg auf erneuerbare Energien. „Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“, sagte Kemfert. Schon 2018 hatte das Forschungsinstitut DIW in einer Analyse gezeigt, dass das geplante Projekt zur Sicherung der Erdgasversorgung in Deutschland und Europa nicht notwendig sei.
Auch in der EU gibt es Gegner des Neun-Milliarden-Euro-Projekts. Die Bundesregierung steht aber weiter hinter dem Vorhaben. Nur: Russland ist kein unproblematischer Partner. Mit ihrer Politik setzt sich die Bundesregierung momentan dem Vorwurf der Heuchelei aus: Noch vor Kurzem half die Bundeskanzlerin dem vergifteten prominenten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny. Auf der anderen Seite macht Angela Merkel sich für das für Russland so wichtige Projekt stark.
Besonders die Ministerpräsidentin von Mecklenburg -Vorpommern, Manuela Schwesig, setzt sich für Nordstream 2 ein. Sie warnte jüngst in der ARD diejenigen, „die schon immer gegen das Pipeline-Projekt waren“, dürften die aktuelle politische Situation in Russland nun nicht ausnutzen, um das Projekt zu stoppen. Es sei „wichtig, dass Deutschland jetzt mit Russland im Dialog bleibt, gerade in diesen schwierigen Zeiten“. In einem Zeitungsinterview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland ging Schwesig sogar noch einen Schritt weiter und zog einen fragwürdigen Vergleich: „Käme die Pipeline nicht aus Russland, sondern aus Skandinavien, gäbe es viel weniger Kritik“.
Anfang des Jahres beschloss der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern mit überwiegender Mehrheit die Gründung einer Stiftung „Klima- und Umweltschutz MV“. Die soll über den Umweg der Stiftung helfen, den Bau der Ostseepipeline trotz der US-Sanktionen zu vollenden. Die Stiftung wird zu größten Teilen vom staatlichen russischen Gasriesen Gazprom finanziert. 20 Millionen Euro gibt der Konzern über ein Tochterunternehmen dazu. Aus dem Landeshaushalt gibt es lediglich 200.000 Euro. Der Tagesspiegel findet diese Mogelpackung empörend: „Ein Erdgasunternehmen bringt sich also mit Billigung der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern in eine angebliche Klimastiftung ein, um damit Milliarden von Tonnen seines eigenen klimaschädlichen Erdgases nach Europa zu verkaufen. Viel dreister könnte Ministerpräsidentin Schwesig (SPD) fossile Energie nicht als Klimaschutz verkaufen.“