Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch hat vor Kurzem Klage gegen die Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) eingereicht, weil diese ihre Treffen mit Lobbyistinnen und Lobbyisten nicht offenlegen will. Mit der Klage beim Verwaltungsgericht Köln will Foodwatch erreichen, dass die Ministerin alle „dienstlichen Kontakte“ mit „externen Dritten“ transparent macht. Die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf, zu erfahren, welche Lobbyisten Einfluss auf Gesetze nähmen und wie oft die Bundesagrarministerin „Vertreter von Nestlé, Coca-Cola oder Bayer“ treffe, so Foodwatch-Vertreterin Rauna Bindewald.
Eine parlamentarische Anfrage der Grünenfraktion hatte im Jahr 2019 ergeben, dass sich die Ernährungsministerin immer wieder mit der Agrar- und Lebensmittellobby getroffen hatte (Seite 59) – allen voran mit dem Süßwarenkonzern Mars und dem Deutschen Bauernverband. Umwelt- und Verbraucherschutzverbände seien dagegen fast vollständig leer ausgegangen.
Julia Klöckner wird immer wieder dafür kritisiert, dass sie vor allem die Landwirtschaft und größere Industrien unterstütze. In einem neuen Gesetz gegen Plastikmüll etwa soll es Ausnahmen von der Pfandpflicht geben – beispielsweise für Milch in PET-Flaschen. Diese Aufweichung einer strenger geplanten Pfandpflicht ist laut Panorama-Recherchen ein Lobbyerfolg des Milchindustrie-Verbandes beim Landwirtschaftsministerium.
Lobbyismus kann ein wichtiger Bestandteil sein in einer Demokratie – entscheidend ist dabei aber, dass öffentlich wird, wer welchen Einfluss nimmt. Das kann etwa in einem offiziellen Lobbyregister festgehalten werden. Ein Überblick über das Thema Lobbyismus findet sich beim Deutschlandfunk.
Auch die Zahlen zeigen ein Ungleichgewicht: Im Bundestag sitzen 709 Abgeordnete - es gibt aber 764 Lobbyisten, die über einen Hausausweis für den Bundestag verfügen, wie Abgeordnetenwatch berichtet. Insgesamt dürfte es sogar mehr als 5000 Interessensvertreter in Berlin geben. Es lag, so schreibt die Süddeutsche Zeitung, vor allem an der Union, dass die Debatten über ein Lobbyregister in den vergangenen zehn Jahren ergebnislos verliefen. Erst die öffentliche Empörung über die Lobby-Tätigkeiten des CDU-Abgeordneten Philipp Amthor habe die Union dazu bewegt, ihren Widerstand aufzugeben. Ein Entwurf für ein Register wurde im vergangenen Jahr vorgelegt.
Die Nichtregierungsorganisation Lobbycontrol stufte den ersten informellen Gesetzentwurf vom August 2020 als „grottenschlecht“ ein. Dieser habe nicht einmal die Minimalanforderungen an ein Lobbyregister erfüllt. Nach öffentlicher Kritik wurde er überarbeitet und in den Bundestag eingebracht. Im Oktober fand dann eine öffentliche Anhörung statt. Tatsächlich war nun, laut Lobbycontrol, einiges besser, aber es gebe immer noch viele Kritikpunkte. Die Organisation berichtet außerdem über einen Streit zwischen SPD und Union: „Sehr grob gesprochen, dreht sich der Zwist zwischen den Koalitionspartnern weiterhin darum: Die SPD will die Ministerien umfassender einbeziehen als die Union, und die Union will beim exekutiven Fußabdruck nicht konkret werden.“ Derzeit wird weiterverhandelt, hier ein Stand der verschiedenen Stimmen im Deutschlandfunk.
Der Bundestag hat sich am 11. September 2020 mit dem Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD zur Einführung eines Lobbyregisters beim Deutschen Bundestag befasst. Die Vorlage des Entwurfes und die Debatte im Bundestag dazu, unter anderem mit der Kritik von Marco Buschmann von der FDP und Gegenrede der SPD, gibt es auf der Webseite des Parlaments.