Vor etwas über zehn Jahren ging die Bilderplattform Instagram online. Heute erreicht sie mehr als eine Milliarde Nutzerinnen und Nutzer weltweit. Die Autoren des Bayerischen Rundfunks notieren die Geschichte des Unternehmens und fassen das Phänomen so zusammen: „Instagram ist für die meisten Nutzer heute eine Weiterführung der klassischen Medienwelt, mit den gleichen Gesichtern, die man überall sonst auch sieht – plus ein paar Familienmitglieder und Freunde.“
Der Hamburger Politikberater und Blogger Martin Fuchs sagt: „Instagram hat nach wie vor das Image der heilen Welt, in der es kaum Kritik gibt und wo gerne Beauty-Bilder gepostet werden. Allerdings ist dort auch die politische Kommunikation stark vertreten.“ Gerade dieses positive Image locke, so Fuchs hier, die User und auch Politikerinnen und Politiker auf die Plattform, was dort politische Diskurse entstehen lässt. Dreiviertel aller Bundestagsabgeordneten sind heute auf Instagram aktiv.
Eine sehr aktive Nutzerin von Instagram ist die CSU-Politikerin und Staatsministerin für Digitalisierung bei der Bundeskanzlerin, Dorothee Bär. Zur Nachrichtenagentur dpa sagte Bär Anfang 2020, Instagram sei zu einem wichtigen Medium geworden, mit der „Möglichkeit, direkt und unmittelbar zu kommunizieren“. Auch ihr selbst mache Instagram als „privates Poesiealbum“ Spaß. Und außerdem: „Mir ist der Umgangston bei Instagram allemal lieber als zum Beispiel bei Twitter, wo ich tagtäglich Beleidigungen ausgesetzt bin.“
Instagram hat vieles auch in der realen Welt verändert. Netzpolitik.org beschreibt das Phänomen „instagrammability“ – ob etwa ein Hotel gut sei, das entscheide sich heute nicht mehr nur an den Zimmern, dem Essen, dem Spa oder dem Service, sondern eben daran, ob es viele dieser Instagram-tauglichen Orte bietet, an denen sich die Leute in Szene setzen können. Das kann aber verheerende Auswirkungen haben, wie im mexikanischen Tulum am türkisblauen Meer, wo die Influencerinnen für Fotos einfallen und die Natur zerstören.
Stern TV zeigt noch mehr absurde Beispiele im Kampf um das beste und spektakulärste Foto für die Fotoapp. Influencer treiben die Anwohner in den Wahnsinn, posten Orte, die es gar nicht gibt oder gefährden die Umwelt und sich selbst.
Das kann ernste Folgen haben. Über 250 Menschen sind zwischen Oktober 2011 und November 2017 beim Erstellen von Selfies tödlich verunglückt. Das geht aus der kürzlich im Journal of Family Medicine and Primary Care veröffentlichten Studie „Selfies: A boon or bane?“ hervor. Auch Depressionen, haben Studien immer wieder ergeben, können durch die sozialen Netzwerke verstärkt werden. Ein Tattoo-Model schilderte zum Beispiel die negativen Auswirkungen durch den eigenen Instagram Kanal, weil sie sich selbst Druck gemacht hat.
Das Recherchenetzwerk Correctiv hat herausgefunden, wie Rechte Instagram nutzen, um ihre Botschaften zu platzieren und an junge Menschen zu bringen: „Das Leben ist schön auf Instagram – und so will der Facebook-Konzern, dem die Plattform seit einigen Jahren gehört, es haben. Doch es gibt noch eine andere Welt auf Instagram. Eine Welt, in der es heißt: »It’s great to be white.« In der Tausende rechte und rechtsextreme Nutzer den Glauben nähren, Deutschland und Europa würden angegriffen. Eine Welt, in der weißen Frauen geraten wird, sich nicht zu »vermischen«.“