Familienministerin Franziska Giffey (SPD) setzt sich derzeit für ein Gesetz ein, das den Frauenanteil von Vorständen in Börsenunternehmen erhöhen soll. Dafür soll mindestens eine Frau im Vorstand sitzen, die Regelung soll für börsennotierte Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und mindestens vier Vorstandsmitgliedern gelten. Giffey begründet in diesem Handelsblatt-Interview ihren Vorstoß: „Die Vorstände deutscher Unternehmen sind absolut männerdominiert. Derzeit gibt es nur 7,7 Prozent Frauen. Und über 70 Prozent der Unternehmen, die sich Zielgröße null für Frauen im Vorstand gesetzt haben, planen auch nicht, das zu ändern. […] Es ist beschämend, dass wir diese Debatte im 21. Jahrhundert noch führen müssen.“
Für fast alles, was auf dieser Welt designt wird, ist der 1,77 Meter große Mann mit 80 Kilogramm, 40 Jahre alt, die Referenz. Deswegen sind Handys oft zu klobig für Frauenhände, Sicherheitskleidung zu groß und die Temperatur in Arbeitsräumen zu niedrig. Auch Autos werden für Größe und Gewicht von Männern konzipiert. Das ist ungerecht und kann für Frauen sogar tödlich sein, hat die Autorin Caroline Criado-Perez in ihrem Buch „Unsichtbare Frauen“ herausgefunden. Die ARD-Sendung Titel Thesen Temperamente hat mit der Autorin über die Gründe für den „Mann als Maß aller Dinge“ gesprochen. Im BBC-Gespräch erklärt die Autorin selbst noch einmal genauer das Phänomen um die Crashtest-Dummys.
Das Phänomen Gender Data Gap, also fehlender (Mess-)Daten von Frauen, hat oft absurde Folgen. Die meisten Spracherkennungstechnologien haben zwar Frauenstimmen, sind aber so programmiert, dass sie Frauen oftmals schlechter verstehen als Männer. Solche Datenlücken zu schließen sei schwierig und leicht zu gleich, sagt Caroline Criado-Perez im Time Magazin: „It’s easy because it has a very simple solution: collect sex-disaggregated data. But it’s hard because the gender data gap is not the product of a conspiracy by a group of misogynistic data scientists. It is simply the result of an everyday bias that affects pretty much all of us: when we say human, 9 times out of 10, we mean men.”
Frauen werden in der Medizin benachteiligt, ihre Leiden sogar ignoriert. Forschungsobjekte sind überwiegend männlich. Wieso das für Frauen tödlich sein kann, erklärt die Redakteurin der Süddeutschen Zeitung in diesem Podcast. Frauen zeigen etwa bei Herzinfarkten ganz andere Symptome als Männer. Sie leiden häufiger unter atypischen, vagen Symptomen: Manchmal klagen sie lediglich über Kurzatmigkeit, Übelkeit, Erbrechen oder grippeähnliche Symptome. Die Gefahr, dass die Symptome nicht auf einen Herzinfarkt zurückgeführt werden, ist hoch, beschreibt das Ärzteblatt.
Selbst Tierversuche werden überwiegend an männlichen Versuchsmäusen vorgenommen: „Frauen und Männer unterscheiden sich in ihrer Biologie: Jede Hirn-, Herz-, Leberzelle ist bei Frauen und Männern unterschiedlich“, sagt die Professorin Vera Regitz-Zagrosek vom Institut der Gendermedizin der Charité in Berlin. Die medizinische Forschung ignoriere den Geschlechtsunterschied jedoch weitestgehend.
Frauen sind auch im deutschen Fernsehen unterrepräsentiert, ergab im Jahr 2017 eine Studie der Stiftung von Schauspielerin Maria Furtwängler. So kommen weibliche Protagonistinnen in deutschen audiovisuellen Medien seltener vor. Über alle Fernseh-Programme hinweg kommen auf eine Frau zwei Männer. Ein weiteres Ergebnis der Untersuchungen: Je älter die Frauen, desto seltener sind sie im Bildschirm zu sehen. Am größten ist der Unterschied in der non-fiktionalen Unterhaltung: hier kommen jenseits der 40 auf eine Frau vier Männer, jenseits der 50 auf eine Frau acht Männer. Mehr zur Studie, ihrer Grundlage und ihrer Ergebnisse finden sich hier.
Im Juli 2017 führte Moderator Claus Kleber im ZDF-heute-journal ein Interview mit der Schauspielerin und Ärztin Maria Furtwängler, das vielfach kritisiert wurde. Ungewöhnlich scharf habe Cleber Furtwängler Kontra gegeben und sei dabei über das Ziel des kritischen journalistischen Nachfragens hinausgeschossen, hieß es dazu etwa bei n-tv. Furtwängler selbst sprach etwas später einmal im Interview mit der Zeit über Rollenklischees und Sexismus im Fernsehen und ihre frühere Angst vor männlichem Missfallen: „Ich habe gelernt, dass wir mit einem falschen Harmoniebedürfnis nicht weiterkommen. Es gibt diesen schönen Satz: Was die Gesellschaft zusammenhält, ist die Angst der Frauen, nicht zu gefallen. Das stimmt absolut für mich.“