Noch nie haben Waldbrände eine solche Welle internationaler Solidarität ausgelöst: Seit Januar ist die Zahl der Waldbrände in Brasilien im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 82 Prozent gestiegen, aber auch in Peru und Bolivien brennt der Regenwald. Deshalb sorgen sich Menschen auf der ganzen Welt um die „Lunge der Erde“. Denn das Amazonasgebiet produziert nicht nur einen beachtlichen Anteil des Sauerstoffs, sondern speichert auch pro Jahr 1,4 Milliarden Tonnen CO2 und ist daher fürs Weltklima gleich doppelt wichtig. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro teilt diese Sorgen nicht. Denn es ist seine Politik, durch die sich viele Farmer ermutigt fühlten, mehr Brandrodungen durchzuführen, die eine große Rolle bei Waldbränden spielen. Der Meteorologe Stefan Wolff vom Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie forscht im Regenwald und erklärt im heute-journal, was die Unterschiede zwischen natürlichen und menschengemachten Waldbränden sind, und warum schon die Vernichtung von Teilstücken reicht, um das komplette Ökosystem zu zerstören.
Cristiano Ronaldo tat es, Leonardo DiCaprio sowieso und Sängerin Pink war auch dabei: Auf Instagram, Twitter und Co. posteten Millionen Menschen ihre Sorgen und forderten ein schnelles Ende der Brände und internationale Löschaktionen. Was vielen nicht klar ist: Unser Lebensstil trägt maßgeblich dazu bei, dass Farmer im Amazonasgebiet immer mehr Feuer legen. Denn so entstehen riesige Anbauflächen für den Export. Laut der Umweltschutzorganisation WWF importiert alleine Deutschland jedes Jahr rund 5,34 Millionen Tonnen Soja aus Südamerika, das meiste davon wird als Tierfutter gebraucht. Würden wir unseren Bedarf an Soja selbst anbauen, bräuchten wir eine Ackerfläche in der Größe Hessens. Sich also über günstiges Fleisch freuen, gleichzeitig aber den brennenden Regenwald betrauern, ist scheinheilig – findet der Umweltjournalist Volker Angres in seinem Kommentar.
Zwar gehören Brandrodungen in Deutschland nicht zur Tagesordnung, besonders gut geht es unseren Wäldern aber dennoch nicht. Der Klimawandel und die anhaltende Trockenheit sorgen dafür, dass sich die geschwächten Bäume kaum gegen Parasiten wie den Borkenkäfer wehren können. Allein seit 2018 sind 110.000 Hektar Wald hierzulande verloren gegangen. Das Wissenschaftsmagazin Scinexx erklärt in einem ausführlichen Artikel das „Waldsterben 2.0“.
Mittlerweile hat auch die Politik das Problem erkannt. Angesichts der Waldschäden hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) eine Wiederaufforstung angekündigt. Mehrere Millionen Bäume sollen neu gepflanzt werden - dafür hat sie Ausgaben von rund 500 Millionen Euro angekündigt.
Doch an der Anfälligkeit unserer Wälder trägt genau diese Praxis der Aufforstung eine Mitschuld. Denn im Gegensatz zur romantischen Vorstellung vieler sind unsere Wälder längst keine unberührten Urwälder mehr, sondern oft monokulturell geprägte Baumplantagen. Der Förster Peter Wohlleben hat schon viele Bestseller über den Wald geschrieben. Im Interview mit der Wirtschaftswoche kritisiert er die Herangehensweise Klöckners: „Wenn ich mir das Programm für den Waldgipfel so anschaue, dann ist das eher ein Holzgipfel. Da geht es relativ wenig darum, wie wir den echten Wald zurückbekommen. Klöckner sollte nicht Bundeswaldministerin, sondern Bundesplantagenministerin genannt werden. Mir scheint, als stünden da überwiegend wirtschaftliche Interessen im Vordergrund. Das System ist fokussiert auf Holz und nicht auf Bäume.“