Einen Empfang bei der Queen in London gab es zwar, ein Staatsbankett oder ähnliche Zeremonien dagegen nicht. Der 70. Geburtstag der Nato fiel bescheiden aus. Die North Atlantic Treaty Organisation (Organisation des Nordatlantikvertrags) ist das größte Militärbündnis der Welt, versteht sich selbst aber auch als Wertebündnis. „Dieser Vertrag ist ein einfaches Dokument und die Staaten, die es unterschreiben, stimmen nach den friedlichen Grundsätzen der Vereinten Nationen darin überein, die freundschaftlichen Beziehungen untereinander und die wirtschaftliche Zusammenarbeit zu erhalten, zusammenzustehen, wann immer das Territorium oder die Unabhängigkeit eines von ihnen verletzt wird, und sich gegenseitig zu Hilfe zu kommen, wenn einer von ihnen angegriffen werden sollte.“ – sagte US-Präsident Truman bei der Gründung am 4. April 1949. Damals unterzeichneten Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Island, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen und Portugal. Die Bundesrepublik wurde 1955 Mitglied. Die Tagesschau gibt einen kurzen Überblick über die bewegte Geschichte der Nato.
Heute ringt die Nato wieder mehr um ihre Daseinsberechtigung, weil die Allianz zwischen Europa und den USA bei weitem nicht mehr so unerschütterlich ist wie in der Vergangenheit. US-Präsident Trump nannte die Nato bereits „obsolet“. Aber auch auf dieser Seite des Atlantiks hat sie einen unverblümten Kritiker. Frankreichs Präsident Macron bezeichnete die Nato in einem Interview als „hirntot“, da mit dem strategischen Rückzug der USA keine klare Marschrichtung erkennbar sei. Die drastische Wortwahl sorgte für viel Empörung. Was will der französische Präsident erreichen? Die Deutsche Welle beschäftigt sich mit dem „Enfant terrible“ der Nato.
Wie kompliziert die Zusammenarbeit innerhalb der Nato sein kann, hat der Einmarsch des türkischen Militärs gegen Nordsyrien gezeigt. Während Länder wie Deutschland die Offensive des türkischen Präsidenten Erdogans gegen die Kurden kritisierten, forderte Erdogan von der Nato ein „Bekenntnis zur Solidarität“ und „keine Beschuldigungen“. Die Süddeutsche Zeitung beschäftigt sich mit der Auseinandersetzung und zeigt, wie kompliziert die Lage geworden ist, da internationale Konfliktlinien heute anders verlaufen als bei der Gründung der Nato.
Insgesamt drei Millionen Streitkräfte aus 29 Mitgliedsstaaten würden im Falle eines Falles für die Nato bereitstehen. Damit das alles finanziert werden kann, haben sich die Regierungen darauf geeinigt, zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auszugeben. In der Praxis sieht das allerdings anders aus: Während die Amerikaner über drei Prozent investieren, zahlen wir Deutsche nur rund 1,3. Entsprechend reagiert Präsident Trump auf die deutsche Sparsamkeit. Das Politmagazin Berlin direkt hat sich mit dem vielbesagten Zwei-Prozent-Ziel beschäftigt und zeigt, wie groß die Diskrepanz zwischen Versprechen und Realität ist.
Geizige Deutsche, entnervte Amerikaner, skeptische Franzosen und dann noch Erdogan. Viele Kommentatoren fragen sich: Brauchen wir die Nato eigentlich noch? Auf jeden Fall, findet der Mannheimer Morgen. Denn „es gibt sie weiter, jene Mächte, die man nicht als Feinde, aber als Gegner bezeichnen muss. Dass Europa sicher ist, mag ein in Deutschland verbreitetes Gefühl sein. Schon die Polen, Tschechen oder Letten denken da verständlicherweise anders. Präsident Wladimir Putin hat nukleare Marschflugkörper installiert, die – von Portugal abgesehen – jede europäische Großstadt erreichen könnten.“ Gleichzeitig konstatiert der Autor, dass ein „Weiter so“ nicht ausreicht. „Denn die Nato hat es versäumt, ein politisches Gewicht zu bekommen. Die vom Vertrag legitimierte Freiheit für die Staaten, sich auch ohne die Verbündeten in militärische Konflikte zu stürzen, hat zu Schieflagen geführt, die es unmöglich machten, nach dem Vorbild beispielsweise der Europäischen Union auf Verhandlungen statt Säbelrasseln zu drängen.“