Papst Franziskus hat am vergangenen Wochenende Bischöfe aus aller Welt zu einer historischen, viertägigen Konferenz im Vatikan geladen, um über den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen in der Katholischen Kirche und den Kampf dagegen zu sprechen. Laut Frankfurter Allgemeiner Zeitung hieß es in den Arbeitstiteln der Konferenz lange, es gehe bei dem Treffen um verstärkte Anstrengungen zum „Schutz von Minderjährigen und von Erwachsenen in Situationen der Anfälligkeit“. So hatte es der Papst selbst in einem Schreiben im Sommer zum Thema Missbrauch formuliert. Doch am Ende war auf der eigenen Internetseite nur noch vom „Schutz von Minderjährigen in der Kirche“ die Rede.
Als der Gipfel im Vatikan gerade zu Ende gegangen war, wurde der australische Kardinal George Pell verurteilt. Der ehemalige Finanzchef des Vatikans war von einem Gericht in Australien in erster Instanz für schuldig befunden worden, sich in den 1990er Jahren als Erzbischof an zwei 13-jährigen Jungen vergangen zu haben. Besonders brisant: George Pell war ein Vertrauter von Franziskus, stand in der Vatikan-Hierarchie auf Platz drei und wurde einst sogar als möglicher Papst gehandelt, berichtet unter anderem Spiegel Online.
Der Umgang mit den Opfern beim so genannten Missbrauchsgipfel sorgte für Kritik. Der Autor von Zeit Online beanstandet etwa: „Franziskus schlingerte gegenüber den vom Missbrauch Betroffenen, die nach Rom angereist waren, aber nicht mitdiskutieren durften. Die lediglich als "Stimmen" ihre Leiden beschreiben durften.“ Er sieht den Gipfel als gescheitert und eine Enttäuschung für all jene, die sich von Papst Franziskus in seiner Abschlussrede ein konkretes Schuldeingeständnis und praktische Schlüsse versprochen hatten. Mit Blick auf die Opfer sei das Treffen enttäuschend gewesen, sagt auch Wolfgang Kramer, Sprecher von Pro Concilio, einer kirchlichen Reformgruppe in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Matthias Katsch von der deutschen Betroffenenorganisation „Eckiger Tisch“ twitterte: „Die Rede des Papstes ist der schamlose Versuch, sich an die Spitze der Bewegung zu setzen, ohne sich der Schuld und dem Versagen zu stellen und wirkliche Veränderung anzugehen.“
Papst Franziskus' Rede aus der Sala Regia des Apostolischen Palastes im Vatikan vom 24. Februar 2019 und den Vorsitzenden der Bischofskonferenzen ist hier abrufbar.
Sexueller Missbrauch durch Geistliche wurde in der Vergangenheit oft vertuscht – auch in Deutschland. Aus der von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebenen und im Jahr 2018 veröffentlichten Studie geht hervor, dass in einigen deutschen Bistümern Akten „mit Bezug auf sexuellen Missbrauch Minderjähriger in früherer Zeit vernichtet worden waren“. Außerdem wurden nur gegen knapp 38 Prozent der Beschuldigten Strafanzeige gestellt, die meisten Anzeigen kamen von den Betroffenen selbst oder ihren Familien. Repräsentanten der Kirche haben, soweit man weiß, nur in 122 Fällen die weltliche Justiz eingeschaltet, das betrifft 7,3 Prozent aller Beschuldigten.
Papst Franziskus galt als großer Reformpapst und Erneuerer der Kirche. Der Papst selbst habe aber viel zu lange an belasteten Priestern festgehalten oder zugesehen, wie gegen die von ihm selbst einberufene Vatikan-Missbrauchskommission intrigiert wurde, berichtet Report München in diesem Beitrag. Das fällt ihm jetzt auf die Füße.
Immer wieder in der Kritik steht auch die enge Verknüpfung von Kirche und Staat hierzulande. Seit einem Jahrhundert sollen die historisch bedingten Staatsleistungen abgeschafft werden – stattdessen steigen sie immer weiter, berichtet die FAZ. Diese Leistungen überweist der Staat unabhängig von der Kirchensteuer an die Kirchen. Von den 548,7 Millionen Euro erhielten die evangelische Kirche rund 320,4 Millionen Euro und die katholische Kirche 228,3 Millionen Euro.