Die Ampel-Koalition aus SPD, den Grünen und der FDP ist seit rund 100 Tagen im Amt. Traditionell wird nach dieser Einarbeitungszeit auf die Arbeit der Politikerinnen und Politiker geschaut. Das hat beispielsweise die Internetplattform Frag den Staat gemacht. Das vorläufige Ergebnis: Insgesamt 249 Vorhaben hat die Regierung in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt. Davon sind nach 100 Tagen erst zwei Prozent umgesetzt, sechs Prozent wurden begonnen.
Die ersten 100 Tage waren von Schwierigkeiten geprägt, mit denen die neue Koalition gleich zu Beginn zu kämpfen hatte. Denn der Krieg in der Ukraine hat viel verändert – und erforderte neue Antworten der neuen Regierung.
Welche Minister enttäuscht haben und welche sich profilieren konnten, hat die Politikredaktion von t-online ausgewertet. Ihr Fazit: Die Innenministerin Nancy Faeser etwa bleibe in der akuten Krise seltsam blass, „obwohl Europa die größte Fluchtbewegung seit Jahrzehnten erlebt. Anfangs tat Faeser lange so, als würde das Thema vor allem die direkten Nachbarn wie Polen betreffen.“ Außenministerin Annalena Baerbock wird dagegen gelobt: „Sie ist in dieser Regierung Frau Tacheles. Eine willkommene Abwechslung, gerade in der Außenpolitik.“
Doch der Krieg wirkt sich auch auf andere Weise auf die Politik der Regierung aus: Die Energiepreise steigen – zuletzt auch wegen des Ukraine-Kriegs und der Sanktionen gegen Russland. Die Ampel-Koalition will Bürgerinnen und Bürger deshalb entlasten und hat in dieser Woche Einmalzahlungen sowie befristete Rabatte auf Benzin, Bus und Bahn auf den Weg gebracht. Das von der Bundesregierung geplante Paket hat nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) einen Umfang von rund 15 Milliarden Euro. Allein die beschlossene Energiepreispauschale von 300 Euro für alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen koste den Staat schätzungsweise zehn Milliarden Euro. Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel kritisiert an den geplanten Maßnahmen: „Nicht drin beziehungsweise ungelöst sind die Rentnerinnen und Rentner, die überhaupt nicht berücksichtigt sind. Wer auch nicht drin ist, sind Azubis und Studierende. Da muss nachgearbeitet werden.“
In diesen Tagen hat die Ampel-Koalition dem Bundestag ihren ersten Haushaltsentwurf zur Debatte vorgelegt – auch der stand im Zeichen des Krieges, der Energiekrise und der Pandemie. Entsprechend groß sind auch die in den Haushaltsentwurf eingebauten Unschärfen. Alexander Dobrindt von der Unionsfraktion nannte ihn gar einen Haushalt, „den es zu erraten, nicht zu beraten gelte“.
Eine Sache steht schon fest: Deutlich höhere Verteidigungsausgaben. Finanziert werden soll dies allerdings in erster Linie nicht aus dem regulären Haushalt, sondern über ein mit zusätzlichen Krediten finanziertes Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro. Das Sondervermögen soll auch in den kommenden Jahren Mehrausgaben abdecken. Zugleich steigt der reguläre Wehretat 2022 auf den Rekordwert von 50,3 Milliarden Euro.
Kritisiert wird an dem Haushaltsplan unter anderem, dass für das Bürgergeld als Hartz-IV-Ersatz und die neue Kindergrundsicherung – eigentlich ein Herzensprojekt von Grünen und SPD – im diesjährigen Haushalt keine Mittel eingeplant sind. Es trifft jedoch nicht nur SPD und Grüne: Auch bei der Aktienrente, einem der Lieblingsprojekte der FDP, zieht sich die Umsetzung hin.
Besonders intensiv wird das Fehlen der Kindergrundsicherung im Haushalt diskutiert: Im Koalitionsvertrag hieß es noch: „Wir wollen mehr Kinder aus der Armut holen, werden mit der Kindergrundsicherung bessere Chancen für Kinder und Jugendliche schaffen und konzentrieren uns auf die, die am meisten Unterstützung brauchen.“
Die Kindergrundsicherung wird wohl noch länger auf sich warten lassen. „Es ist ein großes Projekt, von daher wird es auch nicht im nächsten Jahr das Licht der Welt erblicken“, sagte Spiegel am Donnerstag in der ntv-Sendung „Frühstart“. Eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe zu dem Vorhaben werde aber „sehr zeitnah“ an den Start gehen.