Am 18. Juni ging ein Paukenschlag durch das Verkehrsministerium. An jenem Tag im Sommer urteilte der Europäische Gerichtshof, dass die geplante PKW-Maut auf deutschen Straßen rechtswidrig ist. Sie diskriminiere Ausländer, befanden die Richter. Denn die Maut hätten erstmal alle bezahlen sollen, also auch Deutsche, doch die hätten die Kosten über die KFZ-Steuer erstattet bekommen. Das ist eine Diskriminierung, urteilte der EuGH. Verkehrsminister Andreas Scheuer erhält daher für das Unsinns-Projekt Maut einen goldenen Vollpfosten.
Sein Missmanagement in der Causa Maut wurde im Laufe des Jahres immer deutlicher. Bereits vor der Entscheidung des Gerichts hatte er Verträge mit den künftigen Mautbetreibern abgeschlossen. Nun muss der Steuerzahler voraussichtlich für hunderte Millionen Euro Schadensersatz aufkommen, weswegen sich Scheuer nun nicht nur mit einem Untersuchungsausschuss rumärgern darf, sondern auch noch zum wiederholten Mal einen goldenen Vollpfosten für seine persönliche Arbeit erhält.
1266 Tage ist nun her, dass die Briten sich knapp dafür entschieden haben, die EU zu verlassen. Raus sind sie aber immer noch nicht. Auch der aktuelle Premierminister Boris Johnson hat es nicht geschafft, das gespaltene Parlament so zu überzeugen, dass das Vereinigte Königreich die EU wie zuletzt geplant am 31. Oktober verlassen kann. Für die Briten und ihr Never-Ending-Brexit-Drama gibt es auch dieses Jahr einen Vollpfosten. Das Handelsblatt gibt einen Überblick über die vielen Wendungen in dreieinhalb Jahren Brexit.
Nicht fehlen darf die leiderprobte SPD, die ebenfalls zu den Preisträgern gehört und immer wieder für eine Überraschung gut ist. Oder wer hätte es im Januar für möglich gehalten, dass ein ehemaliger Finanzminister aus NRW und eine Hinterbänklerin fortan die Geschicke der mitgliederstärksten Partei Deutschlands lenken?
Doch gelingt der Neubeginn mit dem Führungs-Duo „Eskabo“ und kommt der vielbeschworene Linksruck? Der Chefredakteur der Zeit warnt: „Links von einer möglicherweise links gewendeten SPD steht schon eine Linkspartei. Und rechts von ihr gibt es lauter Konkurrenten, die viel Sozialdemokratisches verinnerlicht haben, so wie die CDU. Konkurrenten, die sich offenbar auch schneller modernisieren als die SPD, wie ausgerechnet die CSU.“
Auch hinter der CDU liegt ein unruhiges Jahr. Nach schlechten Ergebnissen bei den Landtagswahlen im Osten geriet die neue Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer zunehmend ins Kreuzfeuer. Einer, der besonders gern stichelte, darf sich über einen Vollpfosten freuen: Mister „grottenschlecht“ Friedrich Merz. Als Tiger gesprungen, als Bettvorleger gelandet? Diesen Eindruck hatten viele Kommentatoren nach Merz' Rede beim CDU-Bundesparteitag.
Wodka Red Bull, ein von langer Hand geplanter Coup und ein rechtspopulistischer Vizekanzler mit zu losem Mundwerk brachten in Österreich die Regierung zum Platzen. Am 17. Mai veröffentlichen der Spiegel und die Süddeutsche Zeitung ein sechsminütiges Video, das Österreichs Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache und seinen Vertrauten Johann Gudenus bei einem feucht-fröhlichen Abend in einer Finca auf Ibiza zeigt. Der Inhalt der Gespräche ist äußerst bedenklich: Ganz offen erzählen sie der vermeintlichen Russin, wie man Parteispenden an die FPÖ vertuschen kann und wie man die Presse durch den Kauf einer Boulevardzeitung „gefügiger“ machen könnte. Ein goldener Vollpfosten geht deshalb an den ehemaligen FPÖ-Vizekanzler Strache, der nach dem Skandal zurückgetreten ist.
Doch wer steckt hinter dem Video? Diese Frage ist auch ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung nicht wirklich geklärt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen insgesamt sieben Beschuldigte. Einen Überblick über die Ereignisse gibt die NZZ.
Das bestimmende Thema dieses Jahres war der Klimaschutz. In vielen Umfragen zeigt sich: Die Deutschen wünschen sich durchaus mehr davon. Doch beim eigenen Lifestyle Abstriche zu machen, ist dann bei vielen nicht drin. Erst diese Woche wurde gemeldet, dass 2019 mehr als eine Million SUVs neu zugelassen wurden. Grün wählen – aber dicke Karren kaufen? Für diese Scheinheiligkeit gibt’s für uns alle einen Vollpfosten.
Weiterer Preisträger dieses Jahr ist Markus Söder, der sich von einem erzkonservativen Ministerpräsidenten, der in Ämtern Kreuze vorschreiben wollte, in einen Bienenschützer verwandelt hat.
Aber auch Söders bayerischer Koalitionspartner Hubert Aiwanger von den Freien Wählern geht nicht leer aus: er machte dieses Jahr Schlagzeilen mit der Forderung, jeder „anständige Mann und jede anständige Frau“ solle ein Messer tragen dürfen.