Am 14. Juni startet die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland. Die erste WM im größten Land der Erde ist politisch umstritten und mit Kosten von mehr als 10 Milliarden Euro die bislang teuerste aller Zeiten. Die Kosten für Stadien und Infrastruktur sind immens, zeigt die Dokumentation „sport inside“ des WDR. Und die NGO Human Rights Watch weist darauf hin, dass eine große Gruppe von Arbeitern aus Nordkorea „unter schrecklichen Bedingungen an dem Bau des Stadions in St Petersburg beteiligt waren.“ Das Fußballmagazin 11 Freunde berichtet ergänzend, wie die kommunistische Regierung Nordkoreas den Arbeitern Löhne enthielten und das Geld dann für die ‚Verteidigung des Landes‘, also unter anderem für das Atomwaffenprogramm verwendeten.
Das Gastgeberland Russland steht nicht nur wegen der Arbeitsbedingungen in der Kritik, sondern auch, weil auffällige Dopingproben von Nationalspielern aus dem vorläufigen WM-Kader Russlands in der Vergangenheit wohl nicht ausreichend untersucht worden sind. Russische Funktionäre stehen unter dem Verdacht, fragwürdige Befunde aus 2014 vertuscht zu haben, berichteten Reporter der ARD in der Dokumentation „Geheimsache Doping - Russlands Fußball-Freunde“. Nach Aktenlage wurden die Proben - sofern auffällig - vom Kontrolllabor in Moskau vertuscht. Die Anweisung sei dabei angeblich direkt vom damaligen Sportminister Witali Mutko gekommen, sagt der frühere Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors, Grigori Rodschenkow, der heute in einem Zeugenschutzprogramm in den USA lebt.
Diese Recherchen stammen unter anderem von dem ARD-Journalisten Hajo Seppelt. Der Dopingexperte deckte schon in der Vergangenheit auf, dass im russischen Sport über Jahre flächendeckend manipuliert wurde. Seitdem gilt er in Russland als eine Art Staatsfeind, wird massiv beleidigt und bedroht. „Natürlich treten wir Leuten immer auf den Schlips mit dem, was wir tun. Weil wir die Interessen der Lobbyisten aus dem Sportbusiness tangieren. Das können die natürlich nicht gut finden. Aber so massiv, wie Russland reagiert, das ist tatsächlich schon eine andere Ebene“, berichtet Seppelt im Interview mit der Augsburger Allgemeinen. Nachdem russische Behörden ihm zunächst die Ausstellung eines Visums für die Fußball-WM verweigert hatten, darf Seppelt nun doch nach Russland einreisen, berichtet Spiegel Online. Allerdings muss er sich wohl vor Ort vor einem einheimischen Untersuchungskomitee rechtfertigen.
Sollten Politiker und Fans wegen all dieser Vorkommnisse die WM in Russland boykottieren? Der Autor von Zeit Online findet einen solchen Boykott durchaus angebracht. Er begründet: „Mir ist die Lust am Fußballfest vergangen. Aus zwei Gründen: Die Fifa als WM-Organisator hat ihre Glaubwürdigkeit verloren, und Russland sich als WM-Gastgeber diskreditiert.“ Ein Zeit-Kollege sieht darin die falsche Antwort auf Putin. Boykotte grenzten aus, sie teilten ein in Gut und Böse: „Ein Boykott hat immer etwas Konfrontatives. Ein Boykott ist passiv, aber aggressiv. Ein Boykott ist eher Trump statt Obama.“