Als Greta Thunberg letzten Sommer anfing, freitags für einen besseren Klimaschutz zu demonstrieren, hätte sie sich vermutlich kaum träumen lassen, was für eine Bewegung sie damit auslöst. In Deutschland gehen mittlerweile jeden Freitag tausende Schüler auf die Straße. Die Initiatoren wollten es aber nicht bei markigen Sprüchen und kreativen Demoschildern belassen. In einer Pressekonferenz stellte die Fridays-for-Future-Bewegung nun konkrete Forderungen an die Politik. Und die haben es in sich: Der Kohleausstieg soll bereits bis 2030 realisiert werden. Ab 2035 sollen nur noch erneuerbare Energien unseren Strombedarf decken. Außerdem fordern sie, den Ausstoß von CO2 zu besteuern. Phoenix hat die Pressekonferenz, die am Montag im Museum für Naturkunde stattfand, online gestellt. Darin machen die vier Jugendlichen deutlich: wir streiken so lange, bis die Politik handelt.
Unterstützt werden die Schüler von tausenden Wissenschaftlern. Die „Scientists for Future“ haben die Schüler bei ihren Forderungen an die Politik naturwissenschaftlich beraten. Mittlerweile sind es mehr als 26.800 Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz Teil der Bewegung. In einer gemeinsamen Stellungnahme sprechen sie sich für ein schnelles Handeln aus. „Die jungen Menschen fordern zu Recht, dass sich unsere Gesellschaft ohne weiteres Zögern auf Nachhaltigkeit ausrichtet. Ohne tiefgreifenden und konsequenten Wandel ist ihre Zukunft in Gefahr. Dieser Wandel bedeutet unter anderem: Wir führen mit neuem Mut und mit der notwendigen Geschwindigkeit erneuerbare Energiequellen ein. Wir setzen Energiesparmaßnahmen konsequent um. Und wir verändern unsere Ernährungs-, Mobilitäts- und Konsummuster grundlegend.“
Bei der Bundespressekonferenz hat sich ein Panel an Wissenschaftlern den Fragen der Presse gestellt und klar gemacht, wie dringlich die Lage ist: „Die Sicherung ist raus und alle Lämpchen sind rot“, mahnt die Polar- und Meeresforscherin Prof. Dr. Karen Helen Wiltshire.
Dass bei den Forderungen der Jugendlichen die Politik im Zentrum steht, sorgt auch für Kritik. Dem Autor Ansgar Graw von der Welt fehlt bei den Jugendlichen die Bereitschaft, ihr eigenes Leben umweltbewusster zu gestalten. Der Aufgabenkatalog habe den „Nebeneffekt, dass die jungen Aktivisten zunächst einmal weiter durchs Netz surfen, instagrammen und für Work & Travel um die Welt fliegen dürften, derweil die Erwachsenen ihre Hausaufgaben machen sollen. Greta Thunberg, das große Vorbild, ist da rigoroser: Sie reist nur mit der Bahn, hat auch ihrer Mutter das Fliegen untersagt“, wie es Gretas Vater einmal erzählte, und ernährt sich ausschließlich vegan.
Dabei wäre der Verbraucher durchaus betroffen, wenn die Politik beispielsweise eine CO2-Steuer einführt. Ein Kilo Rindfleisch würde sich um rund 2,50 Euro verteuern. Beim Liter Diesel wären es knapp 50 Cent. Und die Stromkosten für einen Drei-Personen-Haushalt würden sogar um rund 300 Euro jährlich steigen. Vor allem Langstreckenflüge schlagen aufgrund des starken CO2-Ausstoßes zu Buche. Ein Flug von München nach Auckland würde über 2000 Euro mehr kosten. Dass eine CO2-Steuer aber nicht zwangsläufig der Wirtschaft schaden muss, zeigt das Beispiel Schweden. Schweden erhebt sie seit 1991. Bis 2013 ging der Ausstoß an Klimagasen um fast 14 Prozent zurück, obwohl im gleichen Zeitraum die Wirtschaftskraft, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), um 60 Prozent wuchs. Die Zeit hat sich in einem Artikel mit den Möglichkeiten einer CO2-Steuer auseinandergesetzt. Demnach wäre es wichtig, dass eine CO2-Steuer möglichst global gilt. Die Zeitung formuliert einen interessanten Gedanken, wie die Steuer Verbraucher sogar entlasten könnte: Der Staat könnte die Einnahmen nämlich jährlich an die Bürger ausschütten. Das würde klimafreundlichen Konsum zusätzlich belohnen: Wer Produkte mit kleinem CO2-Ausstoß kauft und deshalb wenig unter der CO2-Steuer leidet, hätte nach der Auszahlung mitunter sogar mehr Geld auf dem Konto als ohne die Steuer.