Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn hatte gerade mal wieder Krisensitzung. Ein Bericht des ARD-Magazins Kontraste beschreibt, wie schlimm es derzeit um das Unternehmen bestellt ist. So ist etwa nur jeder fünfte ICE in Deutschland voll funktionsfähig, außerdem fehlen 5800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch die Verspätungen ihrer Züge bekommen Bahnchef Richard Lutz und sein Team nicht in den Griff.
Von einem wichtigen Ziel verabschiedete sich die Deutsche Bahn angesichts der Vielzahl der Probleme offenbar. Die erwünschte Pünktlichkeitsquote von 82 Prozent aller Fahrten soll nun nicht mehr 2018, sondern erst 2025 erreicht werden, wie aus Dokumenten hervorgeht, die Kontraste vorliegen. Aktuell kommen gerade mal 73 Prozent der Züge pünktlich.
Der Tagesspiegel findet die Probleme um die Deutsche Bahn „peinlich“ für Konzern und Eigentümer und begründet: „Die Deutsche Bahn ist ein politischer Konzern, der von den (Fehl-)Entscheidungen und Interessen seines Eigentümers abhängt – und, ja, auch von dessen Geld. Nicht zuletzt ist sie aber selbst ein kleiner Staat im Staate, mit Missmanagement, Eitelkeit und sehr viel Bürokratie. Ein Konglomerat aus Technik, Menschen und Organisationen zu managen, kann schief gehen, ist oft schief gegangen.“
Die Wirtschaftswoche berichtet von einer besonderen Idee, um endlich wieder pünktlicher zu werden. Die „Pofalla-Wende“ – die der ehemalige Chef des Kanzleramtes und heutige Bahninfrastrukturvorstand Ronald Pofalla vorgeschlagen hat – besagt: Ein verspäteter ICE dreht früher um, damit er auf dem Rückweg wieder in den Fahrplan kommt. Damit einhergeht allerdings, dass für viele Reisende ihre Halte entfallen, sie müssen in einen Nahverkehrszug umsteigen und kommen verspätet deswegen an. Ob das die Lösung ist?
Auch der Bund trägt viel Verantwortung für die aktuelle Bahn-Misere. Zwar investiert er im nächsten Jahr 5,6 Milliarden Euro ins Schienennetz – aber 10,8 Milliarden Euro in Fernstraßen. Das ARD-Politmagazin Bericht aus Berlin berichtet über diese Schieflage und lässt neben Verkehrsminister Andreas Scheuer auch wütende Bahnkunden zu Wort kommen.
Wie es besser geht, zeigt beispielsweise die Schweiz. Dort sind Züge deutlich pünktlicher als hierzulande. In der Schweiz gibt es seit einigen Jahren einen ausschließlich steuerfinanzierten Bahn-Infrastrukturfonds, aus dem die SBB bis 2035 über elf Milliarden Franken für den Unterhalt bestehender und den Bau neuer Strecken erhält. Damit sei eine geregelte und kontinuierliche Instandhaltung der Anlagen und Züge gesichert, was wesentlich zum Funktionieren des Gesamtsystems beitrage.