Die Corona-Pandemie hat den einzelnen Ländern in der EU stark zugesetzt – und tut es noch. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat deshalb eine Art Wiederaufbauplan vorgeschlagen. Der soll 750 Milliarden Euro umfassen und so die europäische Wirtschaft stärken. Das Geld soll auf Kredit finanziert und bis zum Jahr 2058 abbezahlt werden. 500 Milliarden Euro sollen als (nicht zurückzuzahlende) Zuwendungen und 250 Milliarden als Kredite an Länder gehen, die von der Coronakrise besonders betroffen sind. Mit „Pathos und Historie“ habe von der Leyen für ihren Plan geworben, berichtet der ZDF-Korrespondent aus Brüssel.
Aus Deutschland und vielen anderen EU-Staaten erhielt die Kommissionschefin Rückendeckung, ebenso im Europaparlament. Dem vorausgegangen war eine Initiative vom französischen Staatspräsidenten Macron und der deutschen Kanzlerin Merkel. Die beiden hatten ein milliardenschweres Rettungspaket für die EU vorgeschlagen. Aber nicht alle waren von diesem Vorschlag begeistert. So hatten etwa die Länder Österreich, die Niederlande, Schweden und Dänemark schon zuvor Einspruch erhoben und am Wochenende einen Gegenentwurf vorgelegt.
Die Süddeutsche Zeitung findet den Gegenvorstoß der „sparsamen Vier“ „verstörend im Ton und falsch in der Sache“: „Es spricht einiges dafür, dass Kurz und Kollegen ihren Vorschlag selbst nicht ganz ernst nehmen, sonst hätten sie vermutlich etwas mehr Mühe investiert. Die geradezu schlampige Antwort richtet sich gegen den Führungsanspruch von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, aber sie könnte der Europäischen Union schwer schaden.“
Die meisten Deutschen begrüßen übrigens den Plan von Ursula von der Leyen, ergab eine aktuelle Spiegel-Umfrage. Die Frage „Wie bewerten Sie den Vorschlag der EU-Kommission, ein europäisches Corona-Wiederaufbauprogramm in Höhe von 750 Milliarden Euro einzuführen?“ beantworten mehr als die Hälfte mit „eindeutig richtig“ oder „eher richtig“.
Spiegel Online weist darauf hin, dass unter Abzug der Zinszahlungen für Altschulden Italien, Griechenland und Portugal 2019 sogar höhere Überschüsse im Staatshaushalt als die sparsamen Vier erwirtschafteten. Und Österreich habe es seit Einführung des Euro in keinem Jahr geschafft, die Maastricht-Kriterien zur Staatsverschuldung einzuhalten.
Auch die Niederlande zählen sich zu der Gruppe der Sparsamen. Ihre erfolgreiche Bilanz ist aber auch stark umstritten – auch weil die Niederlande als Steueroase fungieren und so mächtige Unternehmen und Konzerne anziehen. Das ergaben Analysen des internationalen NGO Tax Justice Network.
Mehr als 84 Prozent der Einnahmen, die Italien aufgrund von Steueroasen verliert, fließen in andere europäische Länder. Dabei stehen die Niederlande neben Luxemburg und Irland an der Spitze. Das haben Forscher der University of California, Berkeley, und der University of Copenhagen herausgefunden.
Wenn die EU nicht zusammenhält, dann wittern andere Staaten ihre Chance, Einfluss vor Ort zu gewinnen. So geschehen nach der Finanzkrise 2008/2009, als niemand mehr in die griechische Wirtschaft investieren wollte – außer China. Die Chinesen übernahmen dann etwa den Hafen von Piräus und zählen bis heute zu den Großinvestoren im Land. Das birgt Risiken, berichtet das ARD-Europamagazin.