Nach dem Brexit-Referendum im Jahr 2016 ist Großbritannien zum Februar dieses Jahres aus der Europäischen Union ausgetreten. Bis Ende 2020 bleibt das Land aber noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Problem: Bislang haben es die EU und Großbritannien noch nicht geschafft, ein Handelsabkommen für die Zeit nach dem Brexit auszuhandeln. Das könnte dazu führen, dass beim Handel ab 2021 Zölle erhoben werden. Die Unsicherheit über das zukünftige Verhältnis der Briten zur EU veranlasse viele Unternehmen, ihre Produktion auf das europäische Festland zu verlegen, schreibt das Handelsblatt. Auch könnten Briten und EU-Bürger in Zukunft weniger frei reisen oder schwieriger im jeweils anderen Land arbeiten.
Premier Boris Johnson, so schreibt die SZ, hatte schon Anfang Dezember die Erwartungen über ein gemeinsames neues- Abkommen gedämpft: „Ich denke, wir müssen uns sehr, sehr klar darüber sein, dass es nun eine hohe Wahrscheinlichkeit – eine hohe Wahrscheinlichkeit – gibt, dass wir eine Lösung haben werden, die eher der australischen Beziehung mit der EU entspricht als der kanadischen“, sagte er in London. Mit Australien hat die EU keinen Handelsvertrag, mit Kanada schon.
Zum ersten Mal in der Geschichte des europäischen Projekts tritt ein Land aus der Europäischen Union aus. Das hat Auswirkungen auf die Zukunft des Vereinigten Königreichs und knapp 500 Millionen Europäerinnen und Europäer. Auch viele deutsche Unternehmen sind besorgt, wie der BR am Beispiel eines bayerischen Mittelständlers zeigt.
Großbritannien wickelt rund die Hälfte der Im- und Exporte mit der EU ab. Bei einem so genannten No-Deal befürchten Experten unter anderem endlose LKW-Staus, vielleicht sogar leere Supermarktregale. Eins ist jetzt schon klar: Großbritannien wird in diesem Jahr den größten Wirtschaftseinbruch verzeichnen, den das Land seit über 300 Jahren erlebt hat. Davon geht die britische Regierung inzwischen offiziell aus.
Die drei verbliebenen Felder, auf denen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und der britische Premier Boris Johnson noch „bedeutende Differenzen“ festgestellt haben, sind neben dem fairen Wettbewerb und der Frage nach der Durchsetzbarkeit der Vereinbarungen auch die Fischerei. Schon seit Monaten entspinnen sich rund um das Thema heftige Konflikte. Warum? Das Thema ist für Großbritannien von hohem symbolischem Wert – obwohl der Sektor nur 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet. Außenminister Dominic Raab erklärte gegenüber der BBC: „Als unabhängiger Küstenstaat wollen wir die Kontrolle über unsere eigenen Gewässer haben.“
Johnson wird – auch im eigenen Land – nicht nur für die verfehlte Brexit Politik, sondern auch für seine Corona-Politik kritisiert. Manche sagen sogar, er wolle mit besonders markigen Worten zum Brexit ablenken von seinem schlechten Pandemie-Management. Die Financial Times schreibt: „Das Durcheinander, das Herr Johnson bei der Bewältigung der Pandemie angerichtet hat, ist erschütternd: die endlosen Meinungsänderungen; die verwirrte Strategie; und die absurde Prahlerei.“