Im Jahr 2021 waren über sechs Millionen Deutsche überschuldet, so Angaben der Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Als überschuldet gilt jemand, wenn er seinen Zahlungsverpflichtungen mit hoher Wahrscheinlichkeit über einen längeren Zeitraum nicht nachkommen kann.
Schuhe shoppen oder ein neues Handy kaufen – und das, obwohl man gerade vielleicht kein Geld dafür hat? Das ist online oftmals kein Problem: Ein Fingertippen – gekauft. Und gezahlt wird dann später. „Buy now, pay later“ nennt sich diese Bezahlmethode. Die Sendung ZDF ZoomIN hat sich mit dem Geschäftsmodell von Unternehmen wie PayPal, afterpay, Unzer und Klarna und dessen möglichen Fallstricken beschäftigt. Auch und vor allem für junge Menschen.
Auch der SWR hat sich in seinem Verbrauchermagazin Marktcheck mit den Vor- und Nachteilen von diesen Online-Bezahldiensten befasst und untersucht, welche Zahlungsmöglichkeiten – Rechnung, Vorkasse, Kreditkarte oder diverse Online-Anbieter – sicher sind.
In der Corona-Pandemie haben Menschen ihre Einkäufe zunehmend online erledigt, ein Trend, der höchstwahrscheinlich bleiben wird. Das Prinzip „Buy now, pay later“ (BNPL), passt also in die Zeit, ist aber kein neues. Anbieter wie der Vorreiter Klarna aus Schweden haben es jedoch geschafft, die Bezahlmethode bedienungsfreundlich in Onlineshops zu integrieren.
Gerade Klarna sei gerade in den vergangenen Monaten ein Marketing-Kunststück geglückt, „so wie es Google für Internet-Suchen und Paypal für Zahlungen an Freunde gelungen ist“ schreiben die Autoren von Capital. „Klarna steht nun für Rechnungs- und Ratenkauf. Nur wenige globale Anbieter schaffen es zu einer solchen Markenbekanntheit.“ Gleichzeitig bestehe für das Unternehmen allerdings die Gefahr, zum Synonym für ungesundes Finanzverhalten zu werden.
Vielleicht auch deshalb erklärte Klarna Anfang März, künftig einige seiner Konditionen zu verbessern. So wolle man etwa in Deutschland mehr kostenlose Zahlungserinnerungen an Verbraucherinnen und Verbraucher verschicken. Zudem könnten Kunden die Bezahlung ihrer Einkäufe auf drei zinsfreie Raten verteilen. Außerdem werde die Frist für den Rechnungskauf auf 30 Tage verdoppelt. Marktbeobachter vermuten, dass Klarna nicht nur auf Kritik, sondern auch auf drohende neue Regeln der EU für BNPL-Angebote reagiert. „Die von Klarna angekündigten Produktänderungen sollen Regulierungen zuvorkommen“, meint Alexander Braun, Digitalexperte der Beratungsfirma Capco, im Handelsblatt.
Der Schuldnerberater Roman Schlag von der Caritas sieht nicht alle neuen Anpassungen so positiv wie das Unternehmen selbst. Zur verlängerten Zahlungsfrist sagt er: „Natürlich hat man mit 30 Tagen Frist mehr Luft. Allerdings führt eine Verschiebung der Zahlung auch dazu, dass es unübersichtlicher wird und man nicht mehr alle seine Zahlungen im Blick hat“.
Konkrete Erhebungen dazu, dass BNPL-Anbieter besonders junge Nutzerinnen und Nutzer in die Überschuldung treiben, gibt es aus Deutschland noch nicht. Anders sehe es in den USA aus, dort gibt es erste Anzeichen: Ein Drittel der „Buy now, pay later“-User soll zumindest schon in Zahlungsverzug gekommen sein.
Das Motto „Erst kaufen, später irgendwann bezahlen“ kann aber vor allem für junge und wenig finanzaffine Menschen teuer werden. Beim Videoportal TikTok hat sich ein dazu passender Trend entwickelt. Jugendliche geben dort unter dem Hashtag #klarnaschulden damit an, wer die meisten Schulden beim Zahlungsanbieter habe. „Mit Schulden flexen“ nennen sie das.