Wer Yildiz oder Nkosi als Nachnamen trägt, hat hierzulande schlechte Chancen, eine Unterkunft zu finden. Eine aktuelle Umfrage zeigt, wie alltäglich Rassismus in Deutschland ist: Jeder dritte Deutsche mit Migrationshintergrund hat schon Diskriminierung bei der Wohnungssuche erlebt, wie unter anderem der ARD-Bericht aus Berlin zeigt. Diese Art der Diskriminierung ist übrigens laut Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verboten. Allerdings gibt es Schlupflöcher: Demnach können sich Vermieter auf ein besonderes „Nähe- oder Vertrauensverhältnis“ etwa durch Nutzung von Wohnraum auf demselben Grundstück berufen, um das AGG zu umgehen. Der BR-Puls hat vor zwei Jahren schon einen Selbstversuch gemacht und sich mit unterschiedlichen Namen auf die gleiche Wohnung beworben.
Tätliche Angriffe, Beleidigungen im Netz: Deutschland hat ohne Frage ein Rassismusproblem. Bei Zeit Online sprechen 142 Menschen, die der Hass trifft. Sie fragen: Was muss noch passieren, bis sie geschützt werden, bis Rechtsradikalismus bekämpft wird, bis sich dieses Land endlich ändert?
Eine Woche nach den rechtsextremistischen Anschlägen von Hanau wird auch darüber debattiert, ob und wie die AfD mitverantwortlich ist. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion Mathias Middelberg meint, die Partei habe zu einer Radikalisierung in der Gesellschaft beigetragen und solle sich jetzt „nicht herausreden“. Auch die Abgeordnete Martina Renner, Innenpolitikerin der Linken im Bundestag, stellte einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Anschlag in Hanau und der AfD im Deutschlandfunk her. „Nehmen Sie das Internet und googeln AfD und Shishabar. Wie viele Sharepics und Aussagen es gibt, ‚Shishabars schließen‘ und so weiter. Das ist die Markierung eines Ortes, wie wir es zuvor bei der Person Walter Lübcke gesehen haben.“
Der Politikwissenschaftler Steffen Kailitz vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung an der TU Dresden hat vor kurzem in einem Spiegel-Kommentar herausgearbeitet, wie AfD-Politiker die Sprache der Nationalsozialisten aufgreifen. Die sprachlichen Tricks der Nazis und der AfD seien im Kern die gleichen, so Kailitz. „So wendete sich Hitler dagegen, das Judentum »als ›Religion‹ segeln zu lassen«, denn die Juden bildeten »immer einen Staat innerhalb der Staaten«. Die AfD wolle den Islam nicht als Religion, sondern als gefährliche, totalitäre und imperialistische »politische Ideologie« verstanden wissen. Der Wissenschaftler verweist auch auf das AfD-Wahlprogramm von der vergangenen Bundestagswahl – dort steht unter anderem: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland. In der Ausbreitung des Islam und der Präsenz von über 5 Millionen Muslimen, deren Zahl ständig wächst, sieht die AfD eine große Gefahr für unseren Staat, unsere Gesellschaft und unsere Werteordnung.“
Bewaffnete Menschen unter türkischer Flagge, afrikanische Menschen mit Knochen im Haar, die Frauen im Schwimmbad belästigen, so beschreibt ein jüngst erschienenes „Kinder-Malbuch“ der AfD die angebliche Realität in Nordrhein-Westfalen. Die vor rassistischer Klischees strotzende Hefte („Nordrhein-Westfalen zum Ausmalen“) sollen kürzlich bei einer Veranstaltung in Krefeld verteilt worden sein. Die AfD-Landtagsfraktion hatte die Kritik daran zuerst als „Angriff auf die Kunst- und Satirefreiheit“ gewertet, war später aber zurückgerudert. Auf einmal hieß es, das Buch hätte in dieser Form nicht erscheinen dürfen, so Fraktionschef Markus Wagner. Das gesamte Projekt werde ersatzlos beendet.
Auch in der Union gab und gibt es immer wieder Stimmen, die regelmäßig über „Migration als Mutter aller Probleme“ oder über „Asyltourismus“ schimpfen. Ein Redakteur von Krautreporter zeigt anhand vieler Beispiele, wie in der Vergangenheit immer wieder die Grenzen zwischen CDU und Rechtsaußen verschwommen sind. Nur ein Beispiel unter vielen: CDU-Mitglieder unterstützten in der Vergangenheit im sächsischen Landtag mutmaßlich Anträge der NPD und zeigten Sympathien für deren Arbeit.
Auch die Gleichsetzung von rechtem und linkem Terror („Hufeisentheorie“), wie sie von einigen CDU-Politikern praktiziert wird, wird immer wieder kritisiert. Unter anderem vom Politologen Robert Feustel: Das Hufeisenmodell sei nie zeitgemäß gewesen, meint er. Schon immer habe es die politischen Lager „fahrlässig vereinfacht“ und eine gefährliche Gleichsetzung zwischen links und rechts provoziert, so der Wissenschaftler. „Heute ist sie allerdings noch absurder als früher“, so Feustel. Während linker Stalinismus kaum noch vorhanden sei, nehme der aggressive Faschismus auf der rechten Seite immer weiter zu und sei „unüberhörbar“.
Kurz vor dem Terroranschlag in Hanau ist die so genannte Gruppe Teutonico aufgeflogen, die Geld und Waffen für Anschläge auf Moscheen gesammelt hat. Darunter war auch ein Verwaltungsmitarbeiter, der für die nordrhein-westfälische Polizei arbeitet, wie der Spiegel berichtete.