Hätten wir mal auf den Erfinder der Antibiotika gehört. Als der schottische Mediziner Alexander Fleming 1945 den Nobelpreis erhielt, mahnte er, man solle mit dem Wunderwirkstoff umsichtig umgehen, da sich Bakterien weiterentwickeln und Antibiotika so nutzlos werden könnten. Und er hatte Recht: Laut einer aktuellen Berechnung sterben europaweit etwa 33.000 Menschen pro Jahr infolge von Antibiotika-Resistenzen. Das heißt, die Bakterien, mit denen die Patienten zu kämpfen haben, können mit gängigen Antibiotika nicht mehr bekämpft werden. Und das Problem wird sich massiv verschärfen: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) befürchtet, dass bis 2050 jährlich 10 Millionen Menschen an solchen Infektionen sterben könnten. Das renommierte Robert Koch Institut forscht seit Jahren an dem Thema und hat auf seiner Homepage umfassende Informationen zusammengestellt.
Je mehr Antibiotika eingesetzt werden, desto wahrscheinlicher sind Resistenzen. Aber dennoch steigt der weltweite Verbrauch enorm: Zwischen 2000 und 2015 hat er um rund 65 Prozent zugenommen. Dabei gehen US-Forscher davon aus, dass ein Drittel der in Amerika verschriebenen Antibiotika medizinisch überflüssig sind – etwa bei Erkältungen oder viralen Halsschmerzen. „Stehen wir am Ende der Ära der Antibiotika?“, fragt sich die New York Times. In einem Video haben sie mit führenden Experten gesprochen.
Auch die Massentierhaltung trägt maßgeblich dazu, dass Bakterien den Kampf immer öfter für sich entscheiden. Tiermäster setzen die Medikamente nämlich nicht nur ein, um kranke Tiere zu behandeln, sondern auch um Infektionen vorzubeugen. Denn wo Tiere in großer Zahl auf kleinem Raum gehalten werden, brechen leicht Krankheiten aus. Antibiotika werden zudem dafür verwendet, den Gewichtszuwachs der Tiere zu erhöhen. Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich haben eine Karte erstellt, die zeigt, wo besonders häufig Antibiotikaresistente Keime auftreten. Auffällig ist, dass Länder mit einem schnellen Wirtschaftswachstum und einem erhöhten Konsum von Fleisch und Milch besonders betroffen sind.
Erklärungen zur Karte und zur Methodik der Forscher finden sich ebenfalls auf der Homepage.
Wenn das alte Medikament nicht mehr wirkt, dann sollte man rasch für frischen Nachschub sorgen. Doch leider ist genau das das nächste Problem. Denn es werden kaum noch neue Antibiotika entwickelt. Es ist extrem teuer, ein neues Präparat marktreif zu bekommen und kann bis zu 15 Jahre dauern. Die Forschung lohnt sich somit nicht für große Pharmakonzerne. Die allermeisten Antibiotika, die heute im Einsatz sind, stammen aus den 70er und 80er Jahren. Der Deutschlandfunk ist in einem ausführlichen Artikel der Frage nachgegangen, wie neue Antibiotika entstehen.
Auch als Verbraucher kann man einen kleinen Beitrag leisten, um resistente Keime zu verhindern. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat Informationen zusammengestellt, was im richtigen Umgang mit Antibiotika zu beachten ist.