Der Deutsche Theaterpreis DER FAUST wird am 16. November 2024 im Theater Altenburg Gera verliehen. Er wird seit 2006 vom Deutschen Bühnenverein in Kooperation mit den Bundesländern, der Kulturstiftung der Länder und der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste vergeben. DER FAUST ist eine der wichtigsten Auszeichnungen in der deutschen Theaterlandschaft und würdigt deren Leistungs- und Innovationskraft. Theaterschaffende werden in zwölf Kategorien ausgezeichnet. Darüber hinaus gibt es einen Perspektivpreis für zukunftsweisende künstlerische oder kulturpolitische Projekte.
Nele Hertling erhält den Preis für das Lebenswerk
In der Begründung der Jury heißt es:
"Ausdauer, Freundlichkeit, Charme und eine tiefe Liebe zur Darstellenden Kunst zeichnen Nele Hertling aus. Seit den 1960er Jahren prägt sie die Freie Szene in Berlin, als sie zur Akademie der Künste kam. Bis heute ist die 90-Jährige Direktorin der Sektion Darstellende Kunst und engagiert sich für kulturpolitische Initiativen wie A Soul for Europe.
Durch ihre Arbeit transformierte sie die Theaterlandschaft und brachte zeitgenössische Kunst nach West-Berlin – in einen zu dieser Zeit oft selbstbezogenen Theaterbetrieb: Mit dem Festival Pantomime Musik Tanz Theater gründete Hertling das wichtigste internationale Performance-Festival der 1970er und 1980er Jahre und mit dem Hebbel-Theater, das sie als erste Intendantin in Berlin 14 Jahre lang leitete, bekam Berlin das erste Theater für internationale Performance-Kunst. Mit der Gründung von Tanz im August folgte 1988 eines der größten internationalen Tanzfestivals in Deutschland.
Nele Hertling verstand die Freie Szene nie als Gegensatz zum Stadttheater. Sie schuf Theater für Berlin und lenkte als Dramaturgin, Kuratorin und Intendantin mit Blick für die Tanz-Avantgarde und ihrer Aufbau- und Vernetzungsarbeit die künstlerische Entwicklung der Nachkriegsjahrzehnte in ganz Deutschland. Zahlreiche heute führende Künstler:innen wie Merce Cunningham, Anne Teresa de Keersmaeker oder Robert Wilson wurden durch ihr Wirken Teil der deutschen Theaterszene. Dabei ging es Nele Hertling immer um die Menschen und ihre Kunst. Sie war immer eine Frau des Dialogs und Austauschs, pflegte einen offenen Führungsstil und setzte sich aktiv gegen Autoritarismus und Geschichtsvergessenheit und für Demokratie ein. Sie kann damit heute noch Vorbild sein für die Kultur in Deutschland."
Nele Hertling wurde 1934 in Berlin geboren und kam als Kind mit ihrer jüdischen Mutter in einem Pfarrhaus in Mecklenburg unter. Sie studierte Germanistik und Theaterwissenschaft an der Humboldt-Universität, arbeitete danach frei für Rundfunk und Theater. Anschließend verbrachte sie den Großteil ihres Lebens in Berlin, mit einigen prägenden Auslandsaufenthalten. Zunächst arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Akademie der Künste in West-Berlin – von 2006 bis 2015 war sie deren Vizepräsidentin. 1988 gestaltete sie das Programm der Kulturhauptstadt Europas. Von 1989 bis 2003 leitete sie das Hebbel-Theater, aus dem später das Hebbel am Ufer (HAU) hervorging, und war damit die erste Intendantin eines Theaters in Berlin.