Vor nicht einmal 100 Jahren erahnten Physiker die Existenz sogenannter Neutrinos. Doch diese Elementarteilchen sind kaum zu erwischen, geschweige denn zu vermessen. Nun sind Forscher in Karlsruhe zumindest beim Gewicht einen Schritt weiter.
Die häufigsten Elementarteilchen im Universum
Neutrinos sind elektrisch neutrale Elementarteilchen und könnten eine wichtige Funktion bei der Bildung des Universums gehabt haben. Sie werden unter anderem bei Kernfusionen in der Sonne freigesetzt und spielen bei radioaktiven Zerfällen von Atomkernen sowie Supernova-Explosionen im Weltall eine Rolle. Zudem sind sie überall, sie sind die häufigsten Elementarteilchen im Universum: Allein durch einen Finger strömen jede Sekunde Milliarden von ihnen. Weil sie so gut wie nicht mit ihrer Umgebung wechselwirken, merkt man davon nichts. Auch Planeten wie die Erde stoppen Neutrinos nicht.
Neutrinos sind sehr schwer zu erfassen
1930 postulierte der österreichische Nobelpreisträger Wolfgang Pauli erstmals die Existenz der Teilchen. Hintergrund war, dass beim Zerfall von Atomkernen Messdaten für Neutronen und Elektronen nicht zum Grundsatz der Energieerhaltung in der Physik passten - ein bisschen was fehlte oft.
Erst mehr als zwei Jahrzehnte später wurden die Neutrinos dann nachgewiesen und galten lange sogar als masselos. Wegen ungenauer Messapparaturen konnte man bisher auch kaum mehr über Neutrinos sagen. Sie widersetzen sich gewissermaßen der wissenschaftlichen Beobachtung und werden daher auch "Geisterteilchen" genannt.
Genaueste Waage der Welt
Hier setzt das Karlsruhe-Tritium-Neutrino-Experiment, kurz KATRIN, an: In der 70 Meter langen Anlage wird im Vakuum die Energieverteilung beim Zerfall von Tritium gemessen. Das ist ein instabiles Wasserstoff-Isotop. Aus den Werten lässt sich die Masse der Neutrinos bestimmen. 2019 wurde KATRIN in Betrieb genommen. Im Laufe der Zeit machten die Forschenden die Instrumente immer präziser. Das KIT spricht von der genauesten Waage der Welt. Zudem musste jeder Einfluss auf die Neutrinomasse detailliert untersucht werden, um störende Effekte auf das Resultat auszuschließen.