Jeder der fünf Überlebenden verarbeitet seine schrecklichen Erlebnisse von damals anders. Manch einer gar nicht. So unterschiedlich ihre Gesichter sind, so unterschiedlich sind auch ihre individuellen Lebensgeschichten und Traumata.
Alexandra Föderl-Schmid ist seit 2017 Israel-Korrespondentin der "Süddeutschen Zeitung" und durch ihre Arbeit erfahren im Umgang mit Opfern des NS-Regimes. Konrad Rufus Müller porträtiert seit einem halben Jahrhundert unter anderem Persönlichkeiten der Politik, wodurch er sich als "Kanzlerfotograf" einen Namen gemacht hat. Für ihn sind es die ersten Begegnungen mit Holocaustüberlebenden. Sie werden für ihn auch zu einer emotionalen Herausforderung.
Im Fokus dieser Dokumentation steht neben der Reise zu den Überlebenden auch die persönliche Motivation der Journalistin und des Fotografen. Alexandra Föderl-Schmid führt die Gespräche und schreibt die Texte. Konrad Rufus Müller macht anschließend Porträtfotos der Interviewpartner und versucht, deren Seele fotografisch einzufangen. Ihre Reise führt Alexandra Föderl-Schmid und Konrad Rufus Müller nach Israel, Deutschland und Österreich.
Die 93-jährige Psychotherapeutin Giselle Cycowicz überlebte das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau und hilft bis heute anderen Shoah-Überlebenden, sich zu öffnen. Für den 95-jährigen Manfred Rosenbaum endete seine Kindheit mit elf Jahren: Er kam ins Konzentrationslager Bergen-Belsen, wo er Dinge erleben musste, die ihn bis heute nicht loslassen. Der 81-jährige Mosche Frumin flüchtete mit seiner Familie nach Palästina, acht Jahre seiner Kindheit war er heimatlos. Für den 90-jährigen Wiener Künstler Arik Brauer zählen Verfolgung, Erniedrigungen und Flucht zu seinen prägendsten Kindheitserinnerungen, obwohl das Judentum in seiner Familie kaum eine Rolle spielte. Die 94-jährige Malwina Braun überlebte das Konzentrationslager Auschwitz und spricht bis heute kaum über ihre Erlebnisse. Auf ihrem Unterarm befindet sich noch immer die eintätowierte Nummer, die sie als KZ-Häftling kennzeichnete.
Die Dokumentation "Die Zeugen – Eine Reise zu den letzten Überlebenden des Holocaust" wühlt auf und zeigt eindringlich, dass Geschichte nichts ist, was nur in Büchern steht: Sie lebt und überlebt. Und mit ihr die Verantwortung, diese zu dokumentieren. Der Film ist nicht nur eine Recherche-Reise zu den letzten Opfern des Holocaust, sondern ein Plädoyer für das kollektive Erinnern und gegen das Vergessen. Er ermöglicht einzigartige und vielleicht letzte Einblicke, die schon bald nicht mehr möglich sein werden. Giselle Cycowicz, Manfred Rosenbaum, Mosche Frumin, Arik Brauer und Malwina Braun: Sie alle haben überlebt. Ihre Geschichten werden es auch.
Zu den Überlebenden
Giselle Cycowicz wurde 1927 in Chust, das heute in der Ukraine liegt, geboren. Sie überlebte das KZ Auschwitz-Birkenau. Nach dem Krieg emigrierte sie in die USA, 44 Jahre später wanderte sie nach Israel aus. Sie lebt in Jerusalem und betreut als Psychotherapeutin noch immer Patienten.
Manfred Rosenbaum wurde 1924 in Berlin geboren. In den vermeintlich sicheren Niederlanden kam er ins Lager Westerbork und von dort in das KZ Bergen-Belsen. Er wanderte 1946 nach Palästina aus und lebt in Giv'atayim.
Mosche Frumin wurde 1939 in Rovno im damaligen Polen geboren. Seine Familie floh bis nach Usbekistan. Gemeinsam mit seiner Mutter gelangte er 1947 über die Alpen in Österreich nach Italien und weiter nach Palästina. Er lebt als Künstler in Kirjat Bialik.
Arik Brauer wurde 1929 in Wien geboren. Er lebte in den Wochen vor der Befreiung durch die Rote Armee versteckt in einem Schrebergarten. Der Maler gilt als einer der Hauptvertreter der "Wiener Schule des Phantastischen Realismus". Er lebt in Wien und En Hod in Israel.
Malwina Braun wurde 1928 in Krakau geboren. Sie überlebte die Konzentrationslager Plaszow und Auschwitz. Wie viele Überlebende spricht sie nur, wenn überhaupt, in Bruchstücken über ihre Erfahrungen. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin.