Georg Friedrich Prinz von Preußen, Ur-Ur-Enkel des letzten deutschen Kaisers, fordert seit Jahren enteignete Kunstobjekte und eine Entschädigung in Millionenhöhe vom Land Brandenburg. Die außergerichtlichen Verhandlungen sind gescheitert. Nun muss ein Gericht entscheiden, ob die Forderungen berechtigt sind. Entscheidend ist dabei die Frage: Halfen die Hohenzollern den Nazis zur Macht? Richter sollen nun klären, ob Familienmitglieder, insbesondere Kronprinz Wilhelm, den Nationalsozialisten „erheblichen Vorschub“ geleistet haben. Dann nämlich verfallen zumindest Teile der Entschädigungsansprüche seiner Nachfahren. Aber kann die Justiz über eine solche geschichtliche Frage entscheiden, über die sich selbst Geschichtswissenschaftler nicht ganz einig sind?
Die Nähe des Kronprinzen zu den Nazis ist nicht wegzuretouchieren
Das neue Werk des Historikers Lothar Machtan »Der Kronprinz und die Nazis“ setzt sich offensiv mit der Rolle des letzten deutschen Kronprinzen in den entscheidenden Jahren vor Hitlers Machtergreifung auseinander. Mit der Bucherscheinung im August werden viele bislang unbekannte Quellen erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Für Lothar Machtan steht fest: "Die Nähe des Kronprinzen zu den Nazis in einer bestimmten Epoche ist eklatant. Und die ist auch nicht wegzuretouchieren". Allerdings arbeitet Machtan heraus, dass die Periode der Kooperation kurz - und schon im Jahre 33 beendet war. Deswegen ist es nicht ausgemacht, dass die Richter das als "erheblichen Vorschub" werten werden.
Eine gütliche Lösung im Hohenzollernstreit scheint auch aufgrund der Klagefreudigkeit von Georg Prinz von Preußen gegen Journalist*innen und Historiker*innen in weite Ferne gerückt. Allein beim Berliner Landgericht hat das Oberhaupt der Familie von Preußen mehr als 80 Verfahren wegen der Verbreitung "nachweislich falscher Informationen" angestrengt. Der "Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands" blies nun zur Gegenoffensive und veröffentlicht alle Klagen des Prinzen in einem OnlineWiki.
Was treibt den Ur-Ur-Enkel von Wilhelm II an?
Warum verprellt Georg Friedrich von Preußen seine Ansprechpartner in Bund, Ländern und Museen seit Jahren scheinbar systematisch? Was treibt ihn an? Warum geht er gegen Pressevertreter und Kritiker vor? Und was hat er wirklich mit den Kulturgütern vor, sollten sie ihm zugeschlagen werden? Im Gespräch mit der Filmautorin und Journalistin Tita von Hardenberg stellt er sich nun erstmals öffentlich diesen Fragen. In den Gesprächen mit ihm und seinen Kritikerinnen ergibt sich ein etwas anderes Bild. Sind die Fronten am Ende weniger verhärtet als es scheint?
Für die Brandenburgische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Manja Schüle (SPD), steht fest: "Es ist keine privatrechtliche Eigentumsfrage. Es ist eine Frage über die deutsche Geschichte. Und da muss es gestattet sein, angstfrei und offen zu diskutieren." Die Ministerin befürwortet, dass die Rückgabeforderungen jetzt vor Gericht verhandelt werden.
Der Film „Die Schätze des Kaisers vor Gericht“ ist eine Fortschreibung der 3sat-Doku „Wem gehören die Schätze des Kaisers?“ (2019) und zeigt die neue Entwicklung in der Debatte auf. Darüber hinaus geht der Film der Frage nach, was hier eigentlich verhandelt wird: Geht es wirklich nur um Wertgegenstände und Abfindungen? Oder wird hier in Wahrheit um die Deutung der Rolle des Hauses Hohenzollern im untergehenden Kaiserreich gerungen?