Die Black Lives Matter-Bewegung hat als ein konkretes Ziel der Wut die Denkmäler kolonialer Herrschaft ausgemacht: Weltweit werden Statuen von Sklavenhändlern und Kolonisatoren, Generälen und Entdeckern abgerissen, geköpft, in Flüsse geworfen. Oder auch ganz offiziell von den Behörden abgebaut. Aber sollte man Kulturgüter zerstören, die der Mahnung kommender Generationen dienen könnten? Was bleibt übrig von unseren Denkmälern, wenn man alle Helden der Vergangenheit mit den moralischen Maßstäben der Gegenwart misst? Und wo zieht man die Grenze?
Streit um Bismarck-Denkmal
Auch in Deutschland gibt es eine Debatte darüber, wie mit kolonialen Monumenten und Straßennamen umgegangen werden soll. In Hamburg wird gerade das monumentale Bismarck-Denkmal für 9 Millionen Euro saniert. Für die Demonstranten, die sich um das verhüllte Denkmal versammelt haben, unerträglich. Schließlich wurde in der von Reichskanzler Bismarck einberufenen Kongo-Konferenz der afrikanische Kontinent unter den europäischen Kolonialmächten aufgeteilt. Ausgangspunkt für Ausbeutung und Völkermord.
Wo bleiben unsere Zitate?
Ein Denkmal für die durch deutsche Kolonialherren ermordeten Herero und Nama gibt es hierzulande bisher nicht. Wohl aber einen Gedenkstein für die Täter, für sieben Freiwillige der Deutschen Schutztruppen, die zwischen 1904 und 1907 in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, gefallen sind. 2009 haben gutmeinende Lokalpolitiker den Stein mit einer Plakette und einem Humboldt-Zitat versehen. Für den Herero-Nachfahren Israel Kaunatjike dennoch ein Affront: "Ein weißer Mann wird hier zitiert. Ja? Wo bleiben unsere Zitate? Wo bleibt der Völkermord gegen die Herero und Nama?" Im Sommer 2020 übergossen weiße AktivistInnen den Stein mit roter Farbe. Sie sagen: "Wenn wir systemischen Rassismus überwinden wollen, ist es essentiell, dass es eben nicht nur people of colour machen, sondern die gesamte Gesellschaft".
Toxisches Erbe
Die Diskussion, ob Straßen benannt nach alten Kolonialherren wie Lüderitz oder Wissmann und Orte wie die Berliner U-Bahnstation "Mohrenstraße" umbenannt werden sollen, geht also uns alle an. Nicht nur Nachfahren der Kolonialopfer und die Anwohner, die keine Lust haben, sich an eine neue Adresse zu gewöhnen. Der Film von Nicole Blacha und Karsten Gravert diskutiert den Bildersturm, der zur Zeit auf der Welt tobt, und zeigt Ideen auf, wie man mit dem toxischen Erbe aus der Kolonialzeit umgehen könnte.