Ist die Zeit reif für einen schambefreiten Umgang mit Pornografie? Und was wäre anders, wenn Pornografie als Kulturgut anerkannt wäre?
Ein Film von Janina Rook
Eine Studie des Instituts für Sexualforschung am Universitätsklinik Hamburg von 2018 zeigt: 95 Prozent aller erwachsenen Männer und 79 Prozent aller erwachsenen Frauen haben mindestens schon einmal einen Pornofilm konsumiert. Pornografie sei zwar keine Hochkultur, sagt der Soziologe Sven Lewandowski, aber: "Pornos gehören, wie die Beatles, zum Mainstream der Populärkultur".
Pornografie ein Kulturgut?
Seit 10 Jahren arbeitet Paulita Pappel, 36, erfolgreich vor und hinter der Kamera und setzt sich für feministische Pornos und gute Arbeitsbedingungen ein. "Ich finde es super wichtig, Pornografie als Kulturgut anzuerkennen", meint Paulita Pappel und fordert provokant: Pornos müssten öffentlich gefördert werden. Sie ist mit dieser Forderung nicht allein: Auch die JUSOS, die Jugendorganisation der SPD, plädiert für eine finanzielle Förderung feministischer und sogenannter ethischer Pornos. Denn wenn schon massenweise Pornos geguckt werden, dann bitte welche ohne diskriminierende und gewaltverherrlichende Inhalte.
Staatliche Förderung für ethische Pornografie
In der Praxis gibt es bereits erste Ansätze einer staatlichen Pornoförderung: Esti Krüger und Luna Heine haben rund 25.000 Euro vom sächsischen Wirtschaftsministerium bekommen – für ihre Internetseite "Porn-Better", auf der sie für alle über 18 Jahren Pornos empfehlen, die ihren Kriterien von ethischer Pornografie entsprechen. Die Reaktionen reichen von Begeisterung bis zu üblen Hasskommentaren. Dabei ist es nur sinnvoll, in der Flut der Angebote im Netz den Menschen Orientierung zu geben. CDU-Politiker Frank Heinricht sagt: "88 Prozent der Pornofilme von den größten 50 Providern haben mit Gewalt zu tun". Heinrich hat für die EU einen Bericht über die Auswirkung von Pornokonsum verfasst, in dem er eindrücklich warnt. Menschen, die regelmäßig Pornos schauten, seien gefährdet, auch im echten Leben gewaltsame Sexualität auszuleben. Braucht es also mehr Aufklärung darüber, dass Pornofilme in erster Linie Fiktion sind?
Aufklären über Pornos
Genau da setzt die Kulturwissenschaftlerin und Porno-Aktivistin Madita Oeming an. Sie sieht das Problem nicht bei der Pornografie selbst, sondern bei der fehlenden Kommunikation über Sex, die wichtig sei für das Einverständnis beim Geschlechtsverkehr. Die Feministin sieht gerade für Frauen ein Potenzial im Porno, ihre eigene Lust zu entdecken und zu formulieren. Und auch Pornodarstellerin Texas Patti, die für große Mainstream-Produktionen in Hollywood vor der Kamera steht, fordert einen differenzierteren Umgang beim Thema "Pornografie". Für die weltweit größte Erotikmesse der Welt - die Venus - ist der deutsche Porno-Star aus Los Angelos nach Berlin gereist und zeigt anschaulich, wie ein schambefreites Sprechen über Pornografie möglich ist.