Der "Kini" ließ seine idealisierte Vorstellung einer alten deutschen Ritterburg vor 150 Jahren errichten. In der Abgeschiedenheit der Bergwelt plante er, den Werken seines Freundes und Idols Richard Wagner den idealen Raum zu geben. Die Bühnenbilder zu den Opern des Komponisten und die Wartburg waren seine Inspirationsquellen. Doch bei aller Romantik wollte Ludwig II. nicht auf den Komfort verzichten, den seine Zeit bereits zu bieten hatte. So ist Neuschwanstein hinter den Kulissen mit für das 19. Jahrhundert modernster Technik ausgestattet: einer Zentralheizung, einem Telefon und einer Toilette mit automatischer Wasserspülung.
Neuschwanenstein: Touristenmagnet
Aufgrund der Corona-Pandemie war Neuschwanstein monatelang geschlossen – eine einmalige Gelegenheit für Kaminer das Schloss so zu erleben, wie es sich Ludwig II. gewünscht hatte: als Rückzugsort, vollkommen allein, ohne die tausenden Besucher, die normalerweise hier durch die Gänge strömen. Denn Neuschwanstein gehört zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten der Welt, jedes Jahr pilgern 1,5 Millionen Besucher ins beschauliche Schwangau, um Ludwigs Märchen live zu erleben. Das hat Spuren hinterlassen: Touristen tragen Staub und Schmutz in das Schloss. Außerdem bringen sie mit der Atemluft, ihrem Schweiß und mit regennasser Kleidung viel Feuchtigkeit ins Gebäude. Die Folge: Textilien schimmeln, die Wandfarben verblassen, das Parkett ist kaputt.
Märchenschloss aufwendig restauriert
Für mehr als 20 Millionen Euro wird Neuschwanstein jetzt erstmals seit 130 Jahren restauriert. Ein Mammutprojekt: 93 Räume und mehr als 2300 Einzelobjekte, Gemälde, Möbel, Textilien, Fenster, Türen und Wände werden aufgearbeitet. Wladimir Kaminer lässt sich die nötigen Restaurationsarbeiten erklären, erkundigt das Allerheiligste des Königs, begegnet hingebungsvollen Fans des Monarchen und begibt sich auf die Spuren seines rätselhaften Todes. Wladimir Kaminer unterwegs hinter den Kulissen des Märchenschlosses Neuschwanstein.