Familien können Geborgenheit, Halt und Liebe schenken, wenn es gute Familien sind. Es gibt aber auch die zerstörerischen, dystopischen Familienkonstellationen, in denen schon Kinder fürs Leben geschädigt werden. Und es gibt Familien mit engen Bindungen, einem scheinbar sicheren Fundament, die auseinandergerissen werden, das Gefüge kippt, und was einmal gut war, wird plötzlich böse. Familie: ein Stoff mit unendlicher Bandbreite, der die Literatur seit jeher beschäftigt. Gert Scobel diskutiert mit der Literaturprofessorin Barbara Vinken und den Literaturkritikerinnen Sandra Kegel und Katrin Schumacher vier aktuelle Bücher über „Familiengeschichten“.
Die Buchempfehlungen der Sendung
Eilis glaubt, ein glückliches Familienleben mit Mann und Kindern auf Long Island zu führen. Als Teil einer vitalen italienischen Großfamilie. Da erfährt sie, dass ihr Mann Tony ein uneheliches Kind erwartet, dass sie zudem noch großziehen soll. Schockiert und verletzt bricht Ellis zu einer Reise in ihre Heimat Irland auf. Und trifft dort auf ihre Jugendliebe. Long Island ist der Titel dieses Gefühlsdramas vom irischen Erfolgsschriftsteller Colm Tóibín.
Hiroko Oyamada zählt zu den wichtigsten Stimmen der japanischen Gegenwartsliteratur. Für ihren Roman Das Loch wurde sie mit dem Akutagawa Prize, dem bedeutendsten Literaturpreis Japans ausgezeichnet. Als Asas Mann von seiner Firma aus der Großstadt aufs Land versetzt wird, gibt sie ihren Job auf und zieht mit ihm in sein Heimatdorf, in das Haus neben den Schwiegereltern. Keine einfache Familienkonstellation für die junge, völlig verunsicherte Frau.
Annes Vater war ein gewalttätiger Alkoholiker, das Familienleben ein ständiger Bürgerkrieg. Aber ihr Vater war auch unkonventionell, ein Autodidakt mit philosophischen Interessen und unbändigem Humor. Als er im Sterben liegt, begleitet Anne ihn, nimmt Abschied, organisiert die Beerdigung und wickelt sein Leben ab. Darüber kommt sie ihrem Vater immer näher, während ihr Bruder ihn über den Tod hinaus verachtet. Bevor ich es vergesse ist das literarische Debut von Anne Pauly. Es wurde in Frankreich mit dem Publikumspreis als bestes Buch des Jahres ausgezeichnet.
Der alte Flakbunker, ein gewaltiger Betonklotz im Berliner Humboldthain, hat Bruno schon als Kind fasziniert. Jetzt wählt er genau diesen Ort für eine Familienzusammenführung. Jahrelang hatte er keinen Kontakt mit seiner Frau und seinem Sohn Julius. Als einzigen Ausweg aus seiner Verstrickung in ein Netz aus permanenten Lügen hatte er damals darin gesehen, Frau und Kind von einem Tag auf den anderen zu verlassen. Nun sucht er die Annäherung. Doch die Begegnung verläuft anders als geplant und endet in einer Katastrophe. Humboldthain ist der Titel dieses Romans von Inka Parei.