Tennis: Talent Justin Engel auf den Spuren von Boris Becker

Im Oktober 2024 im fernen Almaty hat er zum ersten Mal auf sich aufmerksam gemacht: Justin Engel aus Nürnberg. In der kasachischen Metropole feierte er sein Debüt auf internationaler Tennisbühne. Bei seinem ersten Profi-Turnier gewann Engel im Alter von 17 Jahren als jüngster Spieler seit Carlos Alcaraz 2020 und als erster Spieler des Jahrgangs 2007 ein Match auf der ATP-Tour.

Seit Ende 2024 trainiert der ehemalige Weltklassespieler Philipp Kohlschreiber (41) den jungen Nürnberger. Dazu kommt mit Carl-Uwe Steeb (57) als Manager ein Davis-Cup-Held von 1988 hinzu. Engels Vater Horst will seinen Sohn auf große Ziele bestens vorbereiten.

"Justin hat eine Top-Mentalität. Ein echtes Mindset", sagt Horst Engel, der seinen Sohn selbst seit frühester Kindheit trainiert. "Wahrscheinlich hängt das damit zusammen, dass er fast nur mit Erwachsenen unterwegs ist." Vater Horst bleibt Justin als Trainer weiterhin erhalten. Kohlschreiber, die ehemalige Nr.16 der Weltrangliste, teilt sich den Job mit ihm.

Im Bundesleistungszentrum des Bayrischen Tennisverbandes in Oberhaching bei München trainiert das Duo Engel/Kohlschreiber, wenn es nicht auf Tour ist. Da das Leistungszentrum gleichzeitig Bundesstützpunkt des DTB ist, erhält Engel auch finanzielle Zuwendungen vom Verband.

Die Voraussetzungen für einen guten Start in die Laufbahn sind also geschaffen. Nun muss Justin nur trainieren, spielen - und das möglichst erfolgreich. Seine Ambitionen sind gewaltig: "Ich will immer der Beste sein, überall, auch im Tennis!"

Coach Kohlschreiber macht Hoffnung: "Justin hat riesiges Potenzial, er ist körperlich schon sehr weit, spielerisch und vom Tempo her. Dazu hat er sehr gute Waffen, ist groß gewachsen, stabil, bringt viel Power mit." Im Training muss Kohlschreiber seinen Schützling oft bremsen. Sechs Stunden täglich trainiert das Duo. Wenn es nach Justin ginge, könnte es immer noch mehr sein.

Vater Horst Engel, früher selbst ein sehr guter Tennisspieler, traut seinem Spross viel zu. "Justin spielt momentan sein bestes Tennis", sagt der 66-Jährige. Er weiß, wovon er spricht, war er doch früher als Coach auf der Damen-Tour unterwegs.

Justin Engel ist selbstbewusst. Mit seinen 1,88 Meter hat er körperlich nahezu ideale Maße, erinnert nicht nur wegen seines besten Schlages, der Rückhand, an Alexander Zverev. "Die Vergleiche ziehen schon manche", sagt der 17-Jährige. "Die Rückhand ist ja auch mein sauberster Schlag."

Der Spanier Rafael Nadal ist Justin Engels großes Vorbild. In der Tennis-Akademie der langjährigen Nr.1 der Welt in Manacor auf Mallorca hat der Nürnberger gerade erst für ein paar Tage trainiert. Auf seinen Spuren will er die Leiter von Position 345 der Weltrangliste bis möglichst nach ganz oben klettern.

Kommende Woche in München spielt Engel sein erstes ATP-Turnier auf der Profi-Tour. Er hat eine Wildcard für das Hauptfeld erhalten. Dieses Jahr wird für den Jungprofi so etwas wie der Lackmustest.

"Jetzt ist es wichtig, im mentalen Bereich zu arbeiten. In der Jugend war auch die Taktik noch nicht ganz so wichtig. Hier müssen wir ansetzen", sagt Kohlschreiber.

Der Übergang vom Juniorenbereich ins Profigeschäft ist oft schwierig. Hier muss Engel zeigen, ob er die Anlagen und den Willen hat, um Weltklasseniveau zu erreichen. Kohlschreiber will ihn in Ruhe aufbauen. Aber - mit 17 hat man nicht nur Träume, sondern auch Ziele. Diese sowie Zeit und Geduld benötigt das Trio Engel, Kohlschreiber und Steeb, um den großen Traum vom Platz an der Sonne zu verwirklichen.