Major: "Russland hat kein Interesse an Deeskalation"
Interview
Sicherheitsexpertin Major:"Russland hat kein Interesse an Deeskalation"
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Nach Putins Rede und der Aussetzung des "New Start"-Vertrags geht Major von einem langen Krieg aus. Die "Langfristigkeit" und "Absage an jegliche Diplomatie" seien beunruhigend.
Fast ein Jahr seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erkennt Sicherheits- und Verteidigungsexpertin Claudia Major kein Interesse auf russischer Seite an einer diplomatischen Lösung. Nach Putins Rede zur Lage der Nation geht sie von einem langen Krieg aus.
Mit Blick auf die angekündigte Aussetzung des "New Start"-Abrüstungsvertrags zeigt sich die Sicherheitsexpertin besorgt.
Sehen Sie oben das ganze Interview und lesen Sie es hier in Auszügen: Das sagte Sicherheitsexpertin Major zu ...
... einem tatsächlichen Ende des "New Start"-Vertrags:
"Tatsächlich würde sich praktisch nicht viel verändern", erklärt die Sicherheitsexpertin. Langfristig sei es aber eine "extrem beunruhigende Entwicklung".
Denn der "New Start"-Vertrag werde 2026 auslaufen, sagt Major weiter. Mit seiner Entscheidung habe Russland klargemacht, dass sie "überhaupt kein Interesse daran haben, diesen Vertrag fortzusetzen und dass damit die letzte Begrenzung für die russischen und amerikanischen Nuklear-Arsenale wegfallen würde."
... Putins Rede zur Lage der Nation:
Major zufolge sei die Rede von Kreml-Chef Wladimir Putin vor allem ein "großes Weiter-So" und ein "Wiederholen von alten Vorwürfen" gewesen.
"Dieses Element mit der 'New Start'-Suspendierung ist ein Zeichen dafür, dass es ein langer Krieg und langer Konflikt werden wird und, dass Russland kein Interesse an Deeskalation - und vor allen Dingen kein Interesse an diplomatischen Lösungen hat", sagt Major weiter. Für sie sei die "Langfristigkeit" und die "Absage an jegliche Art von Diplomatie" das Beunruhigende.
... einem möglichen Kriegsende:
Kriege enden laut Major auf drei Arten: Entweder gewinne eine Seite, beide Seiten seien erschöpft und hätten einen größeren Erfolg im Aufhören oder die politische Situation ändere sich in einem der beiden Länder so fundamental, dass der "Krieg weniger wichtig" werde.
Ihrer Einschätzung nach sei es "die Aufgabe der westlichen Unterstützung darauf hinzuarbeiten, dass Russland keinen Gewinn mehr daran sieht, diesen Krieg fortzusetzen."
So fällt die Unterstützung der Ukraine durch westliche Staaten aus:
Bei der Unterstützung der Ukraine geben die USA den Takt an. Und die Hilfen sind nur ein Bruchteil dessen, was die Regierungen innenpolitisch zur Bekämpfung der Krise aufwenden.
von Susanne Biedenkopf
Grafiken
... Verhandlungen mit Russland:
"Es finden regelmäßig Gespräche zwischen der Ukraine und Russland statt, zum Beispiel über Gefangenenaustausche, auch zwischen den USA und Russland, und auch der Kanzler telefoniert mit Putin", sagt Major.
Bisher habe Russland gesagt, "dass Verhandlungen über das Kriegsende immer heißt, dass zuvor die Ukraine anerkennen muss, dass die [...] besetzten und annektierten Gebiete [...] als russisch anerkannt werden."
Das sei der Sicherheitsexpertin zufolge allerdings keine Verhandlung, sondern "de facto eine ukrainische Kapitulation." Deshalb müsse das Ziel eigentlich sein, "Russland ohne Vorbedingungen an den Verhandlungstisch" zu bekommen.
... Unterstützungs-Zusagen an die Ukraine:
Major zeigt sich besorgt darüber, dass westliche Staaten nach über einem Jahr Krieg in eine Art "Kriegsmüdigkeit" gelangen könnten. Das sei ihr zufolge ein "sehr großes Risiko".
"Man sagt in der Regel, dass derjenige einen Krieg gewinnt, der immer wieder seine Lücken stopfen kann - also finanziell, aber auch militärisch." Die Ukraine hänge von den westlichen Staaten ab.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.