Suizidprävention: Kritik an Lauterbach-Plänen

    Kritik an Lauterbach-Strategie:Suizid-Vorbeugung ohne Plan für Finanzierung?

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    Es hagelt Kritik an Lauterbachs Suizid-Präventionsstrategie. Wie sollen die Maßnahmen bezahlt werden? Der Minister habe keine Idee, monieren Caritasverband und Ärzteschaft.

    Berlin: Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit
    Gesundheitsminister Lauterbach will das Suizid-Präventionsgesetz in den kommenden Monaten vorlegen.
    Quelle: dpa

    Die Kritik an der Suizid-Präventionsstrategie von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält an. Der Caritasverband und die Ärzteschaft bemängelten, die Finanzierung sei nicht geklärt. Die bereits existierenden Angebote stünden damit weiter auf unsicheren Beinen, sagte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland".
    Lauterbach hatte am Vortag die geplante Suizid-Präventionsstrategie vorgestellt. Unter anderem will er die Beratungs- und Kooperationsangebote bundesweit koordinieren, eine zentrale Krisendienst-Notrufnummer einführen und Fachkräfte im Gesundheitswesen speziell schulen. Auch plädierte er für "methodenbegrenzende Maßnahmen" - gemeint sind Zugangsbeschränkungen zu Mitteln und Orten für einen Suizidversuch, etwa Gleisanlagen, Brücken und Hochhäuser.
    Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, stellt mit Ute Lewitzka, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention, die Nationale Suizidpräventionsstrategie der Bundesregierung vor.
    Gesundheitsminister Lauterbach hat das Konzept der Bundesregierung zur Suizidprävention vorgestellt. Im Schnitt nehmen sich knapp 30 Menschen in Deutschland täglich das Leben.02.05.2024 | 1:56 min

    Verbände kritisieren ungeklärte Finanzierung

    Welskop-Deffaa von der Caritas sagte:

    Angesichts der steigenden Suizidzahlen (...) wirkt es wie ein Hohn, dass es keine Idee zu geben scheint, wie die erfolgreichen Maßnahmen, die aufgelistet werden, finanziell abgesichert und fortgeführt werden sollen.

    Eva Maria Welskop-Deffaa, Caritas-Präsidentin

    Ähnlich äußerte sich Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt in Berlin. Aus seiner Sicht fehlt "eine klare Zuordnung, wie bereits vorhandene und gut funktionierende Suizid-Präventionsangebote finanziell gesichert werden" und Doppelstrukturen vermieden werden können.
    Lauterbachs Entwurf sei ein erster Schritt, erklärte der Ärzte-Präsident. Nur eine gesetzliche Verankerung der Suizidprävention werde aber auch für eine finanzielle Absicherung der Maßnahmen sorgen.
    ZDF-Reporterin Dorthe Ferber berichtet aus Berlin über die neue Suizidpräventionsstrategie der Ampel.
    Die Bundesregierung hat eine neue Strategie zur Suizidprävention vorgestellt. Geplant sind etwa Zugangsbeschränkungen für suizidgeeignete Orte, berichtet ZDF-Reporterin Ferber.02.05.2024 | 1:40 min
    Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte vor diesem Hintergrund einen Rechtsanspruch auf Suizidprophylaxe in der gesetzlichen Krankenversicherung. Dazu zählten Sprechstunden für suizidgefährdete Menschen, Behandlungsplätze und aufsuchende Therapie.

    "Versorgungssituation psychisch kranker Menschen zu wenig im Blick"

    Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention begrüßte hingegen die Pläne. Der Vorstandsvorsitzende Ulrich Hegerl sagte:

    Mit wenigen Mitteln kann bei der Suizidprävention noch viel erreicht werden.

    Ulrich Hegerl, Stiftung Deutsche Depressionshilfe

    Vorschläge wie etwa die Einrichtung einer bundesweiten Rufnummer für Menschen in akuten Krisen seien wichtig. Zugleich kritisierte Hegerl, dass die Versorgungssituation psychisch erkrankter Menschen zu wenig im Blick sei. Diese müsse verbessert werden, vor allem Depressionen gingen mit einem erhöhten Suizidrisiko einher.

    Fast 10.000 Menschen nehmen sich jährlich das Leben

    Gesundheitsminister Lauterbach will das Suizid-Präventionsgesetz in den kommenden Monaten vorlegen. Der Bundestag hatte im vergangenen Juli beschlossen, dass die Bundesregierung bis Ende Januar ein Konzept zur Vorbeugung und bis Ende Juni ein Suizid-Präventionsgesetz vorlegen soll.
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    Laut Zahlen des Statistischen Bundesamts nehmen sich in Deutschland jährlich fast 10.000 Menschen das Leben. 2022 lag die Zahl der Suizide erstmals seit acht Jahren wieder höher als 10.000. Die Anzahl der Suizide ist damit mehr als dreimal so hoch wie die der Verkehrstoten.
    Quelle: dpa

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