Das Gute zum Wochenende: Raus aus der Giftspirale

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    Das Gute zum Wochenende:Giftfreie Äcker: Wie es ohne Pestizide geht

    Christian Dezer
    von Christian Dezer
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    ZDFheute Good News

    Guten Morgen,

    es gibt Menschen, die unsere Welt besser machen wollen. Lorenzo Furlan ist so jemand. Der 63-Jährige ist Professor für Agrarforschung und schon seit seinem Studium davon überzeugt, dass Landwirtschaft auch ohne oder mit nur geringen Mengen an Pestiziden möglich ist. In der italienischen Provinz Venetien hat er zahlreiche Bauern davon überzeugt, auf die Giftkeule zu verzichten und es mit seiner Methode zu versuchen.
    André Dülks entwickelt innovative Hackmaschinen für den Gemüseanbau.
    Meine Kolleginnen Marika Liebsch und Tanja Reinhard haben Professor Furlan in Italien besucht.22.08.2024 | 29:44 min
    Und die ist relativ einfach: Abwechselnd unterschiedliche Pflanzen anbauen statt Monokulturen anlegen, präzises Ackern, nur dort wo Unkraut wächst, und den Boden genau auf Schädlinge untersuchen und vor Behandlung analysieren, wie stark der Befall ist. Dazu hat er Fallen mit Lockstoffen entwickelt und kann so über Bodenproben feststellen, ob der Einsatz von chemischen Spritzmitteln überhaupt notwendig ist.
    In 30 Jahren Forschung hat er unter realen Bedingungen herausgefunden, dass 95 Prozent der Insektizide überflüssig sind. Das spart den Bauern viel Geld, denn Pestizide sind teuer. Jedes Jahr werden weltweit vier Millionen Tonnen Pestizide für 84 Milliarden Dollar verkauft.
    Dieser enorme Pestizideinsatz in der Landwirtschaft belastet massiv die Umwelt und sorgt nach wissenschaftlichen Erkenntnissen für verheerende Folgen nicht allein für die Artenvielfalt und die Boden- und Wasserqualität, sondern auch für die menschliche Gesundheit. Viele Pestizide gelten als potenziell krebserregend. Und Studien belegen, dass durch den regelmäßigen Kontakt mit Pestiziden ein erhöhtes Risiko besteht, an Parkinson zu erkranken.

    Laser, Hackroboter oder alte Techniken statt Pestizide

    Nicht überraschend also, dass nach Alternativen für Pestizide gesucht wird, und sich viele Bauern und Bäuerinnen auf das rückbesinnen, was schon immer ging. So erleben alte Techniken wie das Hacken und Striegeln - dabei wird das Unkraut mechanisch bekämpft - eine echte Renaissance. Spezielle Maschinen reißen bei dieser Bodenbearbeitung kleine Unkräuter aus und lockern Bodenverkrustungen, sodass die Kulturpflanze besser versorgt werden kann. Inzwischen ist die Technik so weiter entwickelt, dass Hackroboter per Kamera und Satellitensteuerung zentimetergenau zum Einsatz kommen.
    Um aus der Giftspirale rauszukommen, gibt es immer neue Ideen: Unternehmen haben Feldroboter entwickelt, die mit Künstlicher Intelligenz Unkraut identifizieren und mit einem Laserstrahl verbrennen. Das Bundesumweltamt empfiehlt als natürliche Alternative zu Glyphosat den Einsatz von Pelargonsäure. Das ist ein aus Rapsöl gewonnenes "Bio-Herbizid" und die Deutsche Bahn setzte es seit 2023 erfolgreich gegen Unkraut zwischen den Gleisen ein.
    Und sogar Algen könnten künftig eine Lösung sein. Forschende der Universität Tübingen und der Hochschule Bielefeld arbeiten daran, einen natürlichen Zucker aus Blaualgen als Alternative zu Glyphosat zu entwickeln. Es ginge also giftfrei oder zumindest mit deutlich weniger Pestiziden. Es wäre aufwändiger, man müsste umdenken und vielleicht auch einen höheren Preis in Kauf nehmen. Aber es geht um - im wahrsten Sinne des Wortes - lebenswichtige Ziele: um eine intakte Umwelt und um unsere Gesundheit.
    Ich wünsche Ihnen viel Zuversicht und ein schönes Wochenende.
    Ihr Christian Dezer, Redaktionsleiter plan b

    Was noch gut war diese Woche

    Zunge hilft bei Krankheitserkennung: In der traditionellen chinesischen Medizin dient die Zunge schon seit Jahrhunderten zur Früherkennung für Krankheiten. Jetzt hat ein australisch/irakisches Forscherteam ein System entwickelt, das die Zunge scannt und mittels Künstlicher Intelligenz auf Krankheiten untersucht. Bei Tests mit Bildern aus zwei Krankenhäusern, sowohl von kranken als auch von gesunden Patienten, wurden knapp 97 Prozent korrekt bestimmt. Dabei wurden unter anderem Krankheiten wie Covid-19, Diabetes und Asthma erkannt.
    Kohlenstoff lässt ältere Bäume wachsen: Forschende aus Großbritannien haben in einem Versuch festgestellt, dass vor allem ältere Bäume bei einer höheren CO2-Konzentration deutlich mehr Holz produzieren. Bei den Tests haben alte Eichen beim Wachstum CO2 aus der Atmosphäre gebunden und als neue Biomasse eingelagert. Das Ergebnis zeigte, dass die Bäume über sieben Jahre um knapp 10 Prozent wuchsen. Das Team sieht darin auch einen Beweis, dass ältere Wälder ein größeres Klimaschutzpotential haben als bisher angenommen.
    E-Tankstelle auf hoher See: Der belgische Offshore-Windpark-Betreiber "Parkwind" testet in der Nordsee eine Ladestation für Schiffe. Das Unternehmen möchte damit den kohlenstoffarmen Wassertransport vorantreiben. Schiffe können sich an der plattformähnlichen Tankstelle per Ladekabel versorgen. Schon für das nächste Jahr hat der Betreiber eine kommerzielle Anlage geplant.

    Ihre Portion Konstruktives am Wochenende

    Auch in einer anderen Dokumentation von plan b zeigen wir Pioniere und Visionäre, die für eine andere Art der Landwirtschaft arbeiten: Auch Blühstreifen auf den Feldern und Hühner zwischen den Obstbäumen können den Einsatz von Chemie überflüssig machen. Und wenn Verbraucher bereit sind auch Obst mit kleinen optischen Mängeln zu kaufen, fällt Landwirten der Verzicht auf Pestizide leichter.
    "plan b: Obst ohne Gift - Wenn Natur die Chemie ersetzt": Michael Dusong steht vor Kisten mit Obst und Gemüse und hält eine Obstkiste in den Händen.
    21.03.2020 | 29:58 min
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    Zusammengestellt von Christian Dezer.