Gesunde Ernährung ist zu einem zentralen Thema unserer Gesellschaft geworden. Gleichzeitig steigt die Zahl der gefühlten Unverträglichkeiten. Um zu erfahren, ob Essenstrends krank machen, trifft Jasmina Neudecker den Journalisten und Autor Nils Binnberg. Er litt jahrelang an sogenannter Orthorexie, einer Essstörung, bei der Betroffene sich zwanghaft gesund ernähren wollen. Zuerst hat er angefangen, Kohlenhydrate zu vermeiden, dann kam Paleo-Diät. Schließlich hatte er rund 20 verschiedene Ernährungsformen ausprobiert und nahm zuletzt nur noch fünf Lebensmittel zu sich, die er für unbedenklich hielt.
Ich esse, also bin ich – Ernährungsweise und Identität
Für den Soziologen Dr. Daniel Kofahl ist die intensive Beschäftigung mit Ernährungstrends identitätsstiftend, wie Jasmina im Gespräch mit ihm herausfindet. Über das, was wir essen oder nicht essen, zeigen wir, welche Werte wir vertreten und welcher sozio-kulturellen Gruppe wir uns zugehörig fühlen. Gleichzeitig hilft uns die Beschränkung auf gewisse Essensregeln, uns im Wirrwarr der Ernährungsempfehlungen zurechtzufinden.
Wie bewusst entscheiden wir uns für oder gegen bestimmte Lebensmittel? Das wollen Jasmina und Dr. Kofahl in einem kleinen Experiment herausfinden. Dazu laden sie verschiedene Teilnehmende zu einem reichhaltigen Brunch ein. Am Buffet wollen sie erfahren, wer welche Lebensmittel auswählt und warum.
Studien zu gesunder Ernährung – Fehlanzeige?
Wie schwierig es ist, klare Aussagen über gesunde Ernährung zu treffen, erfährt Jasmina von dem Stoffwechselmediziner Dr. Stefan Kabisch von der Charité Berlin. Denn Studien zur Ernährungsweise werden oft durch Störfaktoren verzerrt, die sich nicht ohne weiteres ausschließen lassen. Oder die Studien werden mit zu wenigen ProbandInnen und über einen zu kurzen Zeitraum durchgeführt, um verlässliche Erkenntnisse zu liefern. Ein Großteil der Ernährungsratgeber gibt diese komplexe Faktenlage aber nicht korrekt wieder.
Laut Kabisch ist die einzige Erkenntnis aus den großen Studien, dass bei der mediterranen Ernährung weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes auftreten.