Professor Harald Lesch geht der Frage nach und zeigt aktuelle Forschungen, die unsere Landschaften verändern könnten, sowie überraschende Möglichkeiten, Kohlendioxid dauerhaft aus der Atmosphäre zu entfernen.
CO2-Reduzierung durch Aufforstung
Baumpflanzinitiativen gibt es weltweit schon seit Jahrzehnten. Und das Ziel wird immer höher gesteckt. Doch wie groß ist der dadurch gewonnene Effekt für das Klima? Forscher der Universität Zürich kommen in einer Studie zu folgender Einschätzung: Durch Aufforstung kann ein großer Teil des menschengemachten CO2 aus der Luft gebunden werden. Wächst ein Baum, bindet er CO2, indem er den Kohlenstoff in Ästen, Stamm und Wurzeln einbaut. So enthält eine Tonne Holz knapp eine halbe Tonne Kohlenstoff.
Die Wissenschaftler suchen deshalb weltweit nach freien Flächen, die sich aufforsten lassen. Geschätzt kommen etwa 900 Millionen Hektar infrage. Würde jede mögliche Fläche weltweit genutzt, könnten damit über 60 Prozent des menschengemachten CO2 aus der Luft gebunden werden. Doch das wäre nur der absolute Idealfall. 15 bis 20 Prozent halten andere Forscher für eine realistische Größe. Was immer noch ein beachtlicher Erfolg wäre. Die Aufforstung kann trotz allen Potenzials nur eine von vielen Maßnahmen für den Klimaschutz sein.
CO2-Bilanz unserer Wälder
Pro Hektar speichert der Mischwald in Deutschland im Durchschnitt fünf Tonnen Kohlenstoff pro Jahr. Dabei spielt auch Wasser eine entscheidende Rolle. Wasser gelangt von den Wurzeln bis in die Baumkronen. Die Spaltöffnungen der Blätter regulieren den Stoffaustausch mit der Luft. Hier verdunstet Wasser. Umgekehrt gelangt durch die Spaltöffnungen CO2 aus der Luft in die Pflanze. Doch Forscher erwarten, dass bei anhaltender Trockenheit die CO2-Aufnahme geringer wird. Wenn die Bäume zum Schutz vor dem Vertrocknendie Spaltöffnungen der Blätter schließen, geben sie kaum noch Feuchtigkeit ab, können aber auch kein CO2 mehr aufnehmen.
So ist es möglich, dass der Wald phasenweise sogar mehr CO2 produziert, als er aufnimmt - so wie im Trockensommer 2018. Und die Trockenheit birgt noch eine weitere Gefahr. Messungen zeigen: Monokulturen, wie etwa reine Nadelwälder, reagieren vergleichsweise empfindlich auf Klimaschwankungen wie zum Beispiel zunehmende Trockenheit. Sie reduzieren früh die CO2-Aufnahme und laufen so schneller Gefahr, abzusterben. Mischwälder hingegen halten die Feuchtigkeit besser. Das macht sie robuster bei lang anhaltender Trockenheit. Forscher sind sich einig: Mischwälder sind die Wälder der Zukunft. Denn sie haben eine weitaus größere Chance, die Herausforderungen des Klimawandels zu bestehen.
Wann ist der Tipping-Point erreicht?
Der mit Abstand weltweit größte Regenwald liegt am Amazonas. Wissenschaftler warnen davor, dass der Regenwald auf einen „tipping point“ zusteuert: eine Situation, in der das Ökosystem nicht mehr zu retten ist. Hauptursache sind Waldbrände, die zu einem großen Teil durch Brandrodung verursacht werden. Bis heute hat der Amazonas-Regenwald bereits knapp 20 Prozent seiner ursprünglichen Fläche verloren. Forscher haben nun berechnet, ab wie viel Waldverlust der Wasserkreislauf zusammenbricht und das System Regenwald nicht mehr funktioniert. Einige Forscher sehen diesen Kipppunkt bei einem Verlust von 40 Prozent der Gesamtfläche. Andere vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung sogar bei nur 25–30 Prozent. Die Folge wäre ein Teufelskreis: Bei steigender Trockenheit ginge auch immer mehr Regenwald verloren, der noch nicht geschädigt ist. Riesige Mengen an freigesetztem CO2 würden wiederum die Klimaerwärmung global beschleunigen, mit der Folge weiterer Waldverluste.
Noch ist es nicht zu spät, den Regenwald mit seiner Vielfalt zu erhalten. Dabei reicht es nicht, kahle Flächen neu zu bepflanzen – die Vielfalt lässt sich so nicht wieder herstellen. Ziel muss sein, den noch bestehenden Regenwald nicht zu verlieren. Intakter Regenwald ist robust, eine Rettung ist also noch möglich. Doch dazu braucht es globale politische Initiativen, die Länder wie Brasilien dabei unterstützen, ihren Wald zu schützen.