Schleichender Wandel: Killerpilze auf dem Vormarsch
Schleichender Wandel: Killerpilze auf dem Vormarsch?
Tödliche Pilzinfektionen mehren sich, giftige Doppelgänger von Speisepilzen machen Schlagzeilen: Im Verborgenen entwickelt sich eine Gefahr, die inzwischen nicht nur Pilzsammler beunruhigt.
Die Klimaerwärmung verändert das Netzwerk der Natur. So ist auch das Reich der Pilze im Wandel – mit zum Teil dramatischen Folgen für das Ökosystem und den Menschen. Harald Lesch begibt sich auf die Suche nach den Veränderungen, die sich zunächst unsichtbar im Boden abspielen, und er zeigt die nur schwer kalkulierbaren Folgen dieser schleichenden Entwicklung auf.
Pilze sind wahre Wunderwerke der Natur, sagt Professor Lesch. Wir Menschen sollten auf sie achten und uns anpassen. Denn Pilze waren schon lange vor uns auf der Erde.
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1 min · Wissen
An der kanadischen Westküste auf Vancouver Island erkrankten vor einigen Jahren zunächst Hunde und Katzen an einer mysteriösen Infektion, dann auch Menschen. Sie litten plötzlich an hartnäckigem Husten, Kopfschmerzen, Fieber. Ihre Röntgenbilder zeigten Schatten auf der Lunge. Schließlich entlarvten Forschende die Ursache: eine Infektion mit einem Hefepilz, dem Cryptococcus Gattii. Über Monate infizierten sich Hunderte Menschen mit diesem Pilz. Die Todesrate liegt bei fast 20 Prozent. Die Infektion erfolgte vermutlich über die Sporen des Pilzes: Sie wurden durch die Trockenheit des Erdreichs in die Luft gewirbelt und von Haustieren und Menschen eingeatmet. Der Pilz kam bisher nur in tropischen und subtropischen Regionen vor. Genetische Untersuchungen ergaben: Er gelangte vor mehr als 60 Jahren aus Brasilien an die Westküste Nordamerikas bis nach Kanada – vermutlich in Schiffsladungen mit Pflanzen und Holz. In den letzten 40 Jahren stieg die Durchschnittstemperatur auf Vancouver Island, und es wurde trockener. Damit erhöhte sich auch das Risiko, dass Pilzsporen in die Luft aufwirbeln. Inzwischen verbreitet sich Cryptococcus gattii auch in den USA. Der Pilz ist sogar mutiert und dadurch noch aggressiver geworden: mit einer Todesrate von bis zu 50 Prozent. Auch in Europa wurden vereinzelt Fälle nachgewiesen.
Ob Steinpilz, Champignon oder Pfifferling – Pilzsammler*innen bemerken in den letzten Jahren eine Veränderung: Giftige Doppelgänger-Pilze, die Speisepilzen zum Verwechseln ähnlich sehen. Besonders betroffen ist der beliebte Schafchampignon, dem der giftige Karbol-Champignon ähnelt. Auch beim Pfifferling herrscht Verwechslungsgefahr. Sein giftiger Doppelgänger, der Ölbaumtrichterling, ist eigentlich im Mittelmeerraum heimisch. Forschenden fiel auf, dass die Pilzsaison heute länger als vor 20 Jahren dauert. Manche Sommerpilze wachsen nun auch im Herbst. Sie beobachten zudem, dass Pilzarten, die vor allem in Südeuropa heimisch sind, häufiger vorkommen. Darunter Speisepilze wie der Kaiserling, der Königsröhrling, aber auch der ungenießbare Camembert-Täubling. Viele Mykologinnen und Mykologen vermuten, dass der Klimawandel die Zusammensetzung der Arten verändert. Die Auswirkungen auf das Ökosystem Wald sind allerdings noch weitgehend unbekannt.
Neben den zersetzenden Pilzen übernimmt eine zweite Gruppe im Wald eine wichtige Funktion: die Mykorrhiza-Pilze. Was wir als Pilz sehen, ist nur sein Fruchtkörper. Das eigentliche Leben der Mykorrhiza-Pilze spielt sich unter der Erde ab. Mit ihrem feinen Geflecht, den Hyphen, umhüllen sie die Baumwurzeln und gehen mit dem Baum eine Symbiose ein: Der Pilz liefert dem Baum Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphat. Dafür bekommt er von ihm Zucker zum Wachsen. Je größer das Pilzgeflecht, umso besser wächst der Baum. Bei Trockenheit können die Pilz-Hyphen den Baum auch dann noch mit Feuchtigkeit versorgen, wenn seine Wurzeln nicht mehr an Wasser kommen. Forschende untersuchten im Pfynwald, im Schweizer Kanton Wallis, die Dimension von Pilzgeflechten und fanden Erstaunliches: Unter nur einem Baum kann sich ein 100 Quadratmeter großes Netzwerk bilden. Im Waldboden leben aber viele verschiedene Arten nebeneinander und vernetzen sich auch untereinander. Durch das Pilzgeflecht sind die Bäume miteinander verbunden. Forschende vermuten, dass über dieses Netzwerk neben Wasser und Nährstoffen sogar Substanzen, die vor Schädlingen warnen, ausgetauscht werden. Manche sprechen von einem „Woodwide Web“, einem Internet der Bäume. Ein intaktes Pilzgeflecht stärkt den Wald und macht ihn widerstandsfähiger gegen Trockenheit. Allerdings haben Versuche gezeigt: Bei anhaltender Trockenheit können die Bäume weniger Hilfe von den Pilzen bekommen, sie sterben trotz Mykorrhiza-Geflecht. Die Symbiose von Pilzgeflecht und Bäumen stößt im Klimawandel an ihre Grenzen.
Der Hallimasch sieht harmlos aus. Doch unter der Erde hat er es „in sich“: Seine Pilzgeflechte erreichen Rekordausmaße. Und das ist keine gute Nachricht. Im Westen der USA bildet ein einzelner Hallimasch ein neun Quadratkilometer großes Pilzgeflecht – es ist der weltweit größte lebende Organismus. Riesige zerstörte Nadelholzareale gehen auf sein Konto. Forschende wollten wissen, warum ihn nichts aufhält, und fanden einen Stoff, der den gesamten Organismus vor Fressfeinden schützt. Der Hallimasch produziert das natürliche Pigment Melanin. Die anfangs weißen Pilzfäden werden im Wachstum von einer dunklen Melaninschicht umgeben. Sie werden kräftiger, verdicken sich und breiten sich zwischen Rinde und Holz aus. Dort entzieht der Pilz seinem Wirt Wasser und Nährstoffe. Für den Baum ein schleichender Tod. Doch für die Wissenschaft könnte der Parasit zum Hoffnungsträger werden. Melanin ist dank seiner chemischen Eigenschaften in den besonderen Fokus der Industrie gerückt: Bei der Abwasserreinigung beispielsweise kann Melanin Stoffe wie Schwermetalle und Pestizide binden. Herkömmliche Kläranlagen schaffen das nicht. Das Problem: Alle Versuche, Melanin synthetisch herzustellen, scheiterten bisher. Es lässt sich nur in winzigen Mengen aus der Tinte des Tintenfisches gewinnen: das Gramm teurer als Gold. Das macht den Hallimasch so interessant. In der Schweiz versuchen Forschende seit Langem, Melanin aus dessen Pilzgeflecht zu gewinnen. Kürzlich stieß das Team auf eine Unterart: den Zwiebelfüßigen Hallimasch. Im Labor gab es einen ersten Erfolg: In Kultur wächst der Pilz und bildet viel Melanin. Jetzt geht es darum, die Ausbeute zu erhöhen. Der Zwiebelfüßige Hallimasch produziert bereits 1.000 mal mehr Melanin als alle seine zuvor getesteten Verwandten. Auch die Tests zum möglichen Einsatz von Melanin in der Industrie für Abwasserreinigung sind Erfolg versprechend. Doch bis aus dem natürlichen Feind der Bäume eine wirtschaftlich nutzbringende Rohstoffquelle wird, ist es noch ein weiter Weg.
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