Im Amorbach im idyllischen Odenwald bringt es Martina Rommelt-Fella auf den Punkt. "1990 hatten wir einen nicht-deutschstämmigen Mitarbeiter, heute sind es 35 Prozent." Die Maschinenbauer beschäftigen Menschen aus aller Welt, exportieren ihre Turbinen in alle Welt, setzen voll auf die Energiewende. Ihr Betrieb produziert schon mehr Solar-Strom, als sie brauchen. Alles gut? Nein.
Nebenan hat ein Nachbar Pleite gemacht, das drückt schon die Stimmung. Wer keine Nische oder breite Produktpalette und nicht maximal flexibel ist, lebt als Mittelständler im Risiko. Die Presse ist voller Meldungen über Stagnation, Abwanderung der Industrie und Deutschland als Wachstums Schlusslicht. Aber Jammern, das mag Römmelt-Fella gar nicht. "Wir müssen uns verändern und uns auch selbst verändern. Und machen, was Sinn macht."
Die Wirtschaftskrise hat Gründe
Deutschlands Wirtschaft ist im Tal, manche wandern ab, die Reallöhne stagnieren. Der Frust verfestigt sich. Auch im Ausland wächst wieder die Sorge um den „kranken Mann Europas“.
"Wir würden eher vom alten Mann Europas spechen", so die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer. Die Bevölkerung altere, die Infrastruktur, die Brücken, die Straßen, die Schienennetze: "All das ist eben in keinem guten Zustand."
Verschleppte Aufgaben, akute Probleme
Zu den verschleppten Problemen kommen die akuten Krisen: der globale Einbruch nach Corona, der Energiepreis-Schock nach Russlands Überfall auf die Ukraine, das abrupte Ende von Jahrzehnten billiger Gas-Lieferungen. Und schließlich eine uneinige Regierung, die sich weniger traut als die Nachbarn.
Statt die Wirtschaft mit ihrem viel größeren Industrie-Anteil zu unterstützten und die marode Infrastruktur entschlossen aufzubauen, lähmt die Schuldenbremse. "Dabei haben wir im internationalen Vergleich gar kein Schuldenproble", so der Ökonom Peter Bofinger, "deswegen ist das ja so verrückt."
Zwischen Abbruch und Aufbruch wächst Zuversicht
Der Solarmodul-Hersteller Meyer Burger findet nun in den USA Hilfen und geht nach Arizona, will aber hier weiter forschen. Der Wasserstoff-Produzent H2APEX möchte endlich los legen – aber die Leitungen fehlen. Europas größter Feuerzinker will wie andere Mittelständler Wasserstoff nutzen, bekommt ihn aber eher in Belgien. Der Berliner Auto- und Medizin-Zulieferer Geysler & Geysler exportiert weltweit, findet aber kaum Fachkräfte. Sie alle sehen die Lage nüchtern: Krise hin oder her, die großen Aufgaben bleiben die Energiewende und die Globalisierung.
Und bleiben, wie das große Automatisierungs- und Robotik-Unternehmen Festo zuversichtlich: Innovative Lösungen kommen aus dem Mittelstand, auch in neuen Feldern wie KI, Robotik, Bionitik. Die Krise war nicht die erste und wird nicht die letzte bleiben, aber, da sind sich Experten und Unternehmen einig: "Jammern hilft nicht."