Israel begehe Völkermord am palästinensischen Volk oder sei ein Apartheidstaat – das sind Experten zufolge die Standardvorwürfe linker Gruppen. Zugleich werden die Gräuel der Terrorgruppen Hamas und PFLP als "Widerstand" verharmlost.
Die Autoren gehen auf Spurensuche nach linken Anti-Israel-Positionen und beobachten die Szene auf zahlreichen Pro-Palästina-Demos. Zu sehen sind etwa Fahnen und Plakate von queerfeministischen Linken, Antifa, kommunistischen Jugendgruppen und der DKP. Gegen mehrere dieser Gruppen geht der Staat inzwischen vor, weil sie zur Unterstützung der linksterroristischen Volksfront zur Befreiung Palästinas PFLP aufrufen. Polizei und Behörden haben einige Slogans und Parolen bei Demos verboten, etwa weil sie zu Straftaten aufrufen oder diese billigen.
Doch unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit passiere etwas Besorgniserregendes, warnt der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Dr. Felix Klein. Es gebe neue Allianzen zwischen PFLP-nahen oder linksextremen propalästinensischen Gruppen und deutschen Linken, etwa an den Universitäten. "Der israelbezogene Antisemitismus ist ein Bindeglied", stellt Klein fest.
Immer wieder stoßen die Autoren bei der Recherche auf die Gruppe "Palästina Spricht". Sie ruft zu Demos auf, ist mit ihrer Social-Media-Präsenz eine der reichweitenstärksten pro-palästinensischen linken Gruppen und mit vielen Akteuren der Szene vernetzt. "Palästina Spricht" nimmt einseitig gegen Israel Stellung, wirft dem Staat vor, einen Genozid gegen die palästinensische Bevölkerung zu begehen. Den Völkermord-Vorwurf hört man auch auf Demonstrationen immer wieder.
Der Antisemitismusforscher Stephan Grigat nennt diesen Vorwurf haltlos, er diene einer Täter-Opfer-Umkehr. Genozid setze nach internationaler Definition die Absicht voraus, etwa eine ethnische oder nationale Gruppe zu zerstören. Diese Absicht sei "eindeutig bei der Hamas und den anderen Gruppierungen, die an diesen Angriffen beteiligt waren, sehr wohl genozidal, wohingegen Israel einen Anti-Terror-Krieg führt, also eine militärische Aktion gegen dschihadistische Mörderbanden."
"Palästina Spricht" äußerte zu dem Massaker vom 7. Oktober 2023, bei dem 1200 Menschen ermordet, Frauen systematisch vergewaltigt und Hunderte entführt wurden, dies sei "Widerstand", es handele sich um einen "revolutionären Tag zum Feiern", und Gaza sei "aus dem Gefängnis ausgebrochen". Damit solidarisiere man sich mit den Gräueltaten, sagt Professor Grigat. "Das ist die offene Unterstützung der schlimmsten antisemitischen Mordaktion, die seit 1945 passiert ist."
Auch in Deutschland ist das Leben für Jüdinnen und Juden seit dem Hamas-Überfall auf Israel unsicherer geworden. Es gab Angriffe auf Synagogen, bundesweit hat die Polizei den Schutz jüdischer Einrichtungen verstärkt. Beim jüdischen Sportverein Makkabi mussten Training und Spiele aus Sicherheitsgründen abgesagt werden oder mit Polizeischutz stattfinden. Neben dem Antisemitismus von Rechtsextremen und Islamisten gebe es nun eine weitere Gefahr, mahnt der Präsident von Makkabi Deutschland, Alon Meyer: "Wir haben als Drittes seit dem 7. Oktober in der Tat ganz, ganz stark den linken Antisemitismus, den wir jetzt spüren, sei es in Universitäten oder im kulturellen Bereich." Das sei unerträglich, und Deutschland dürfe dem, was derzeit auch auf unseren Straßen passiere, nicht tatenlos zuschauen. "Das kann und darf nicht sein."
Kritik an Israels Politik ist berechtigt, auch an der rechtsgerichteten Regierung Benjamin Netanjahus. Gegen ihr Vorgehen wird auch in Israel seit Monaten protestiert. Auch Kritik wegen der vielen zivilen Opfer der israelischen Militäraktion und der humanitären Lage in Gaza ist absolut legitim. Wer aber Jüdinnen und Juden und den ganzen Staat Israel dämonisiert, delegitimiert und dabei doppelte Standards anlegt, der überschreitet die Grenze zum Antisemitismus.
Mehr unter https://diespur.zdf.de
Stab
- Kamera - Oliver Hans Wolf, Birgit Handke