Tragödie des Allgemeinguts
Andere Menschen scheinen sich oft wie egoistische Arschlöcher zu benehmen. Wissenschaftlich wird dieses Modell als “Tragik der Allmende” oder auch “Tragödie des Allgemeinguts” bezeichnet.
(Quellen: MTX1, MTX8, MTX9, MTX13, MTX14, MTX15, MTX17, MTX18, MTX19, MTX21, MTX23, MTX24)
Die Tragödie kann auch als mathematisches Konzept modelliert werden. Im öffentliche-Güter-Spiel wird analysiert, wie wir uns als soziale Wesen in Konfliktsituationen benehmen.
In einer Gesellschaft, die auf Kooperation und Zusammenarbeit angewiesen ist, auf geteilte Bemühungen und Verantwortung, ist es also gar nicht notwendig, dass ALLE egoistisch sind, damit alles scheitert. Es reichen wenige egoistische Initiator:innen, die die Motivation der Kooperationswilligen zerstören und damit am Ende die gesamte Kooperation.
Rebound-Effekt
Das kennen wir auch aus der Klimapolitik. Es wird immer andere geben, die mehr CO2 in die Luft blasen, die mehr fliegen, größere Häuser haben oder mehr Fleisch essen. Aber das Argument “andere sind schlimmer” hat psychologisch eine starke Wirkung.
Manche meinen, es gibt gar keine Tragödie mehr, weil wir dank Wissenschaft und Technologie auf gar nichts mehr verzichten müssen, also weiterhin egoistisch handeln können. Allerdings ist das wegen des Rebound-Effekts gar nicht so einfach.
(Quellen: MTX5, MTX6, MTX22)
Ohne Technologie und Innovation geht es zwar nicht. Aber Technologie und Innovation alleine werden die Klimakrise NICHT bewältigen. (MTX22) Also, wie kommen wir dann raus aus der Tragödie?
Beim Öffentlichen-Güter-Spiel zeigt sich, dass die Kooperation durch veränderte Spielregeln verbessert werden kann. Das geht z.B. durch (finanzielle) Bestrafung oder das Auflösen der Anonymität. Allein aus Angst vor seinen Mitmenschen als Arsch dazustehen, benehmen sich die Teilnehmer:innen direkt viel fairer. Zum Vorteil aller. Der Effekt ist noch größer, wenn die Spieler:innen kommunizieren. In den Studien wurde beobachtet, wie Spieler:innen dann gemeinsam kooperative Spielregeln aufstellen. Und damit viel länger weiterspielen können, sodass am Ende alle mehr Gewinn machen. (MTX2, MTX3)
Deswegen ist es übrigens vielleicht auch gar nicht mal so doof, dass Regierungschefs um die Welt fliegen, um sich beim Klimagipfel an einen Tisch zu setzen, um diese “Spielregeln” zu verhandeln. Denn noch haben wir nicht genug gute Regeln für das Öffentliche-Güter-Spiel der Klimakrise aufgestellt. Noch ist es so, dass klimaschädliches Verhalten - kurzfristig - belohnt wird, mit fetten Autos, Fernurlaub und Ribeye-Steak. Das ist für alle, die was fürs Klima tun wollen, natürlich total demotivierend, und langfristig leiden alle unter dem Klimawandel. Was können wir also im Kampf gegen den Klimawandel tun?
Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels
Die wichtigste Maßnahme (MTX2, MTX3,MTX4) ist ein
1. Ausreichend hoher CO2-Preis
Ist der CO2-Preis hoch genug, wird klimafreundliches Verhalten finanziell belohnt und klimaschädliches Verhalten teuer. Damit der CO2-Preis fair ist, muss er sozial gerecht gestaltet werden.
2. Sozial gerechte Kompensation
Die Schweiz macht das z.B. durch eine Klimadividende, bei der die Einnahmen gleichmäßig an alle ausgezahlt werden. Wer klimafreundlich lebt, kann sogar mit einem Plus rauskommen. Vor allem ärmere Haushalte gehen als Gewinner raus, weil sie durch kleinere Wohnungen, weniger Urlaubsflüge und so weiter weniger CO2 verursachen und in Relation mehr Dividende zurückbekommen. (MTX10)
Aber der CO2-Preis allein kann nicht ALLES regeln. Wenn Personen z.B. außerhalb der Stadt wohnen sind sie oft auf ein CO2-schädliches Auto angewiesen. Deshalb braucht es weitere
3. Flankierende Maßnahmen
Zu den Begleitmaßnahmen gehören z.B. der Ausbau von Öffis auf dem Land, Radwegen in der Stadt oder Dinge wie Subventionierungen von Technologien für die grüne Energiewende.
Durch diese drei Maßnahmen können wir die Spielregeln so ändern, dass egoistisches Handeln nicht nur rational, sondern auch klimafreundlich ist. So beenden wir die Tragödie der Klimakrise. Aber ändern können diese Regeln nur die Politik.
Spielregeln politisch verändern
Anstatt mit dem Finger auf die Politik zu zeigen, zeigen wir aber auf uns gegenseitig. Wir regen uns über unsere Nachbar:innen auf, die einen fetten SUV fährt, aber die Grünen wählen. Aber solange wir die Schuld bei Anderen suchen und nicht bei unseren gewählten Vertreter:innen, tragen wir nichts zur Lösung bei. Wenn wir Anstrengung in politische Veränderungen stecken, haben wir es außerdem in Zukunft leichter. Ja, wir müssen zwar jetzt Anstrengungen unternehmen und Zeit investieren, doch das, was wir jetzt reinstecken ist Aktivierungsenergie und wird sich langfristig lohnen.
Und die reinzustecken lohnt sich, denn sie bringt uns in einen Endzustand, der weniger anstrengend ist als heute. Das, was momentan oft als “Verzicht” oder “Verbot” geframed wird, sollten wir lieber als Aktivierungsenergie betrachten, als Investition auf dem Weg in eine BESSERE, lebenswertere Zukunft. (MTX22)
Und das müssen wir nicht nur in Deutschland hinkriegen, sondern global. Sich da auf Regeln zu einigen, ist sicher tricky, aber es muss nicht zum Scheitern verurteilt sein. Denn es gilt im Kleinen wie im Großen: Wenn alle kooperieren, gewinnen alle.
Was wir aber hier in Deutschland in der Hand haben, ist, wen wir wählen. Die Verantwortung liegt im Bundestag. Und unseren gewählten Vertreter:innen müssen wir klarmachen, dass wir keine Lust mehr haben, unsere privaten CO2-Fußabdrücke zu vergleichen, und die Schuld beim SUV-fahrenden Nachbarn zu suchen, sondern dass wir gute Spielregeln für ALLE, also einen wirksamen politischen Rahmen wollen.