Kryptowährung Bitcoin – jetzt erst recht?
Gott sei Dank habt ihr eingeschaltet, denn heute sprechen wir über Kryptowährungen und das nicht nur für die Kryptobros da draußen, die uns sicher schreiben, was wir alles falsch verstanden haben, sondern vor allem für diejenigen, die zwar ständig von Bitcoin und co hören, aber bisher zu faul waren, sich zu informieren. Jetzt ist Zeit, zuzuhören! Denn es geht um Geld - und Geld ist sehr, sehr wichtig. Das sieht man ja schon daran, dass nach dem Bankencrash 2008 allein Deutschland, Großbritannien und die USA 1.477.916.000.000 Euro bereitgestellt haben, um das Bankensystem zu retten. (MTX11)
Doch eines Tages tauchte der Bitcoin auf, um die Probleme unseres Finanzsystems zu lösen. Es ist natürlich super einfach, sich darüber lustig zu machen, aber das wollen wir gar nicht. Wir wollen hinter die Fassade aus weirden Krypto-Bros schauen, auf ein alternatives Geldsystem. Denn mit unserem “normalen” Geldsystem gibt’s offensichtlich Probleme. Also fangen wir vorne an:
Was ist Geld eigentlich? Das erklärt uns Dr. Heide Rezepa-Zabel.
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Die Funktion von Geld hätten wir damit geklärt - aber woher kommt das Geld eigentlich? Es gibt Geld in zwei Formen: Bargeld, also Scheine und Münzen, und Buchgeld, also Einträge auf nem Konto. Beides kann man beliebig ineinander umwandeln. Bargeld entsteht, indem man’s druckt, klar - aber wie entsteht Buchgeld?
Buchgeld entsteht immer dann, wenn Kredite vergeben werden, (MTX7) also wenn eine Bank Geld verleiht und dabei die entsprechende Summe auf ein Konto schreibt.Die Zentralbanken vergeben Kredite an die Geschäftsbanken, und die Geschäftsbanken vergeben wiederum Kredite an Unternehmen und Verbraucher. (MTX6)
Dabei arbeiten die Geschäftsbanken profitorientiert - was nicht immer gut geht. Zum Beispiel verleihen Geschäftsbanken Kredite MEHRFACH und wetten darauf, dass alle das Geld schon zurückzahlen werden. Dieses “Mehrfach verleihen” sorgt dafür, dass mehr virtuelles Geld im Umlauf ist, als tatsächlich existiert. 2008 ging diese Wette aber nicht mehr auf, der amerikanische Immobilienmarkt kollabierte und der Bankencrash musste mit 1.477.916.000.000 Euro gerettet werden.
Was wäre denn, wenn man Banken komplett abschaffen würde? Gut, geht ja nicht, sagt ihr jetzt, aber doch - es geht. Passt auf.
Das hier ist ein Wursttoaster für sehr gut angelegte 187,25 Euro. Wie würde ich den jetzt kaufen OHNE ein Bankensystem? Erstmal, ohne Banken kein Bargeld, also müssten wir elektronisch zahlen. Aber selbst dafür braucht man Banken.Der Wursttoasterverkäufer und ich müssen uns beide sicher sein können, dass die 187,25 Euro bezahlt werden und auch ankommen. Um einen solchen Zahlvorgang zu bestätigen, braucht man also eine dritte, unabhängige Partei, der alle vertrauen können - eine Trust Party. Im klassischen Fall eine Bank, die in einer Art Logbuch alle Transaktionsdetails festhält. Wer hat wann, wieviel an wen bezahlt?
Würde stattdessen jeder sein eigenes Logbuch führen, gäbs früher oder später Chaos. Dann sag ich zum Beispiel “Ich hab schon gezahlt, gib mir den Wursttoaster” und der Wursttoasterverkäufer sagt “Das stimmt nicht, gib mir 187,25 Euro” - und schon haben wir den Wurstsalat.
Aber wer ist die Trust Party ohne zentrale Institutionen wie Banken?
Im Oktober 2008, wurde dieses gerade mal 9 Seiten kurze, aber revolutionäre Whitepaper über ein neues Währungssystem namens Bitcoin veröffentlicht.
Der Autor dieses Whitepapers heißt Satoshi Nakamoto und bis heute weiß niemand, wer Satoshi Nakamoto ist. In diesem Bitcoin-Whitepaper steht, dass Bitcoin eine Revolution ist. Schauen wir uns das mal genauer an.
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Um das Geld der Zukunft zu werden, müssten Cryptocoins die drei Funktionen von Geld erfüllen:
Tauschmittel, Recheneinheit und Wertspeicher.
In der Praxis sind Krypto”währungen” aber eigentlich fast nur Wertspeicher und zwar sehr spekulative. Man kauft sich Coins, in der Hoffnung, dass sie im Wert steigen - aber man macht nix damit. Als Zahlungsmittel kommen sie so gut wie nie zum Einsatz. Warum nicht?
Da ist zum Beispiel die Anzahl der Transaktionen. Ein Zahlungsdienstleister wie Visa verzeichnet nach eigener Aussage im Durchschnitt über 7.000 Transaktionen pro Sekunde. (MTX14)
Bitcoin schafft aktuell nur anderthalb bis maximal 7 Transaktionen pro Sekunde. (MTX3)
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das zu ändern. Bitcoin könnte deutlich mehr Transaktionen pro Sekunde schaffen, wenn man z.B. die Blocks vergrößern würde. Ein entscheidender Lösungsansatz ist ein Konzept namens Lightning Network.
Das Lightning Netzwerk ist technisch an die Blockchain “angedockt”, aber der Clou ist, dass nicht jede einzelne Transaktion der Blockchain gemeldet werden muss. Stattdessen machen die Teilnehmer Transaktionen unter sich aus und nur wenn es zu Unstimmigkeiten kommen sollte, fungiert das Bitcoin Netzwerk quasi als Gericht und löst den Konflikt. Das würde die Anzahl der Transaktionen schlagartig erhöhen.
Doch solange das noch nicht so ist, wird Bezahlen mit Bitcoin die Ausnahme bleiben, was wiederum ein Grund dafür ist, wieso sein Wert so schwankt. Allein im vergangenen Jahr stieg der Kurs von 35.000 auf knapp 60.000€, fiel dann wieder auf 40.000 und nach einem kurzen Zwischenhoch war ein Bitcoin dann im Juni 2022 sogar nur noch unter 20.000 € wert. (MTX8)
Ach ja, und der elephant in the room - der Energieverbrauch. Da gibts eine Menge Missverständnisse und die erklärt euch eine Expertin mit sehr viel Energie: Thora Schubert
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Wie sich der Energieverbrauch entwickeln wird, ist schwer vorauszusagen, aber nehmen wir mal ein Best-Case-Szenario: Sagen wir, in Zukunft wird nur mit grünem Strom gemined und das Lightning Netzwerk ist etabliert - das heißt es gibt viele zusätzliche Transaktionen ohne zusätzlichen Stromverbrauch - wären Kryptowährungen DANN eine gute Alternative zum aktuellen Bankensystem?
Persönliche MAInung: Nein.
Begründung: Der entscheidende Unterschied zwischen konventioneller Währung und Kryptowährung ist ja: Das eine ist ZENTRAL geregelt, das andere DEZENTRAL.
Persönliche MAInung: Dezentral ist nicht automatisch besser - und noch nicht einmal automatisch anders.
Erstens: Dezentral heißt kaum regulierbar. Das ist erstmal weder gut noch schlecht, sondern kommt drauf an. Klar, man kann damit Geld waschen, politische Sanktionen umgehen oder Drogen und Waffen im Internet kaufen. Komplett ohne staatliche Kontrolle oder Zugriffsmöglichkeiten.
Man kann aber zum Beispiel auch unterdrückte Menschen in Unrechtsstaaten unterstützen. Das sind halt die zwei Seiten einer Kryptocoin, man kriegt nicht das eine ohne das andere.
Zweitens: Bei einer dezentralen Währung wird - in der Theorie - die Macht über unser Geld zentralen Institutionen entrissen und gleichmäßig und demokratisch auf alle Nutzerinnen verteilt. In der Praxis VERSCHIEBT sich die Macht aber nur - weg von regulierten Institutionen, hin zu allen, die es schaffen, viele Mitmenschen zu beeinflussen.
Sogenannte “Krypto-Influencer” warnen im Grunde permanent und mit teilweise erstaunlich hohen Reichweiten. In den Titeln ihrer Videos steht häufig etwas von “Notfall”, “Warnung” oder “Crash”, weil sie davon leben, den Leuten Angst zu machen.
Sie sind Spekulanten und Spekulanten sind davon abhängig, immer wieder neue Kaufimpulse zu setzen, damit der Wert eines Objekts langfristig immer weiter steigt. Und klar - je mehr Reichweite, desto größer die Einflussnahme. Elon Musk kann mit einem Tweet Kryptokurse hochtreiben oder crashen lassen. (MTX12) Da muss man sich schon fragen: Von wem lass ich lieber den Wert meines Geldes bestimmen - von einer Zentralbank oder von Elon Musk?
Und drittens: Dezentrale Kryptowährungen kommen nur in der Theorie ohne zentrale Trust Parties aus. Warum? Naja, es ist theoretisch möglich, die Informationen aus der Blockchain selbst zu lesen, sogar selbst nachzurechnen. Man braucht dafür nichts weiter als einen Zettel, einen Stift und einen Doktor in Mathematik, aber wenn man eins davon grad nicht zur Hand hat, braucht man eine Software oder App, die das nutzerfreundlich übernimmt. Also eine zentrale Einrichtung, die mein Geld verwaltet - nur dass sie im Gegensatz zu Banken nicht reguliert ist.
Nehmen wir als Beispiel den Bitcoin-Dienstleister Celsius Network. Als der Bitcoin-Kurs im Juni 2022 in den Keller rauschte, wollten ganz viele User schnell noch ihre Bitcoins da rausholen und verkaufen. Doch Celsius Network hat einfach gesagt: Nö. Kriegt ihr nicht. Wir behalten euer Geld - keine Sorge, zu eurem eigenen Schutz, wir wollen den Wert stabilisieren. Die haben ernsthaft Bitcoins im Wert von mehreren Milliarden Dollar eingefroren. (MTX4)
Und die Kursstabilisierung hat noch nicht mal geklappt, Millionen User mussten stattdessen einfach zuschauen, wie ihre Bitcoins immer *weniger wert wurden. Es gibt also nach° wie vor zentrale Einrichtungen, nur ohne Regulierung, ohne Bürgschaften und es kommt auch niemand mit 1.477.916.000.000 vorbei und gleicht den Schaden aus. Und ich weiß, es gibt da draußen einige Bitcoin-Nerds, die auch im Strahl kotzen über Fälle wie das Celsius Network. Weil das ja genau das ist, was Bitcoin eben NICHT sein soll. Weil die technologische Idee hinter Bitcoin ja Emanzipation, Unabhängigkeit und Dezentralisierung sein sollte.
Und liebe Nerds, ich weiß, ihr seid es Leid, mit den weirden Krypto-Dudes und sketchy Firmen in einen Topf geschmissen zu werden. Aber guess what - die SIND in eurem Topf drin. Und ich seh nicht, wie ihr sie da raus bekommt.
Also persönliche MAInung: Bitcoin ist keine gute Alternative zum aktuellen Bankensystem.
Gut. Systemische Kritik ist ja das eine - aber kann ich denn nicht wenigstens jetzt noch ein bisschen mit spekulieren, um sehr viel Geld zu machen, das ich dann schön auf meine normale Bank legen kann?
Naja, nochmal: Solange Bitcoin kein echtes Zahlungsmittel ist, ist es keine Währung, sondern nur eine Wertanlage, und zwar eine extrem spekulative. Man muss halt zocken. Und wer euch was anderes erzählt - Scammer-Redflag!
Wenn ihr Geld übrig habt, das ihr eh nicht braucht, und gern zockt - ja, dann macht halt. Aber sein ganzes Erspartes in Krypto zu investieren, ist halt arg riskant. Man kann viel gewinnen, man kann viel verlieren - und man kann nix voraussagen.