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MAITHINK X vom 21. November 2021 mit Dr. Mai Thi Nguyen-Kim

Thema: "Besseres" Bio

Wenn wir alle BIO einkaufen würden, wäre der Planet ein besserer, richtig? Dr. Mai Thi Nguyen-Kim klärt euch über die Mythen und Unterschiede von Biolandwirtschaft auf.

Videolänge:
30 min
Datum:
21.11.2021
:
UT
Verfügbarkeit:
Video verfügbar bis 20.11.2026

Anmerkung der Redaktion: Bei Minute 07:41 im Erklär-Einspieler mit Gundula Gause sprechen wir von 35 Quadratzentimetern. Richtig wäre aber 0,35 Quadratmeter.

"Besseres" Bio

Heute geht es um - Bio. Kaufen ganz sicher nicht alle von uns, schließlich muss man sich die 86% Aufpreis für ne Salatgurke auch erstmal leisten können. Aber sagen wir, wir könnten es uns alle leisten, sagen wir, es gäbe gar nichts anderes als Bio-Landwirtschaft - dann wäre dieser Planet ein besserer … richtig? Falsch.

MaiThink X - Die Show: Besseres Bio

Konventionelle vs. biologische Landwirtschaft

Ja, konventionelle Landwirtschaft, also Landwirtschaft, so wie sie derzeit aussieht, kann so nicht weitergehen.  Und Öko-Landwirtschaft macht einiges besser. (MTX32), aber bio ist dafür weniger effizient. Im Vergleich zu einem konventionellen Acker kommt aus einem Bio-Acker derselben Fläche weniger Ernte raus (MTX24). Man braucht für die gleiche Menge eine größere Fläche (MTX25). Und wir wollen vielleicht mehr Bio, aber natürlich nicht weniger Essen. Deswegen geht die Gleichung irgendwann nicht mehr auf.

Je mehr Bio, desto mehr Wald- oder Wildwiesen müssen wir plattmachen, um genug Ackerfläche zu haben. Genau das kann die Klima-(MTX26) und Biodiversitätsvorteile von Öko-Ackerbau wieder zunichte machen (MTX18)! Denn kein Acker - egal wie bio und insektenfreundlich er ist - kann wilde Natur ersetzen.

MaiThink X - Die Show: Besseres Bio

Solange ökologischer Ackerbau weniger ertragreich und weniger effizient ist als konventioneller, ist er also nicht automatisch besser für die Umwelt.

Übrigens, wenn wir alle Vegetarierinnen oder Veganer wären, würde weniger Ackerland für Tierfutter benötigt werden und damit würde Fläche für Öko-Ackerbau frei werden (MTX23).

Wir brauchen also ein besseres Bio. Mehrere Verbände aus Landwirt:innen, behaupten, eben dieses bessere Bio zu machen. Einer davon ist Demeter (MTX10).

“Besseres” Bio

MaiThink X - Die Show: Besseres Bio

Demeter ist eine Bio-Marke und wurde 2020 in einer Umfrage von Verbraucher:innen zur nachhaltigsten Marke des Jahres gewählt (MTX28).

Noch dazu ist es einer der größten und der Älteste Bioverband Deutschlands. Auf ihrer Website steht: “konsequentes Bio seit 1924” Da steht außerdem, “Demeter-Landwirt:innen und - Hersteller:innen leisten (...) erheblich mehr als die EU-Bio-Verordnung” (MTX10).

MaiThink X - Die Show: Besseres Bio

Gut, diese Info nützt uns nur was, wenn wir auch wissen, was diese Verordnung so vorschreibt.

Quellen: (MTX30, MTX13, MTX3, MTX4, MTX5, MTX17)

Anmerkung der Redaktion: Bei Minute 02:05  sprechen wir von 35 Quadratzentimetern. Richtig wäre aber 0,35 Quadratmeter.

Schon ein bisschen enttäuschend. Was macht Demeter denn jetzt besser als herkömmliches Bio?

MaiThink X - Die Show: Besseres Bio

Quelle: (MTX7)

Biodynamische Landwirtschaft

Seit 1924 bewirtschaftet Demeter seine Felder “biodynamisch”. Biodynamik beschreibt  eine Art ganzheitliches Landwirtschaftskonzept. Dabei geht es unter anderem darum, den gesamten Hof als eine Art “Organismus” zu betrachten (MTX11) – der Boden nährt die Tiere, diese wiederum düngen das Land.

MaiThink X - Die Show: Besseres Bio

Das Herzstück der biodynamischen Landwirtschaft sind die biodynamischen Präparate (MTX9).

Dazu gehört zum Beispiel das Präparat 500 (MTX12, S.6 ff.). Dafür wird ein Kuhhornmit Kuhmist gefüllt. Kritiker:innen nennen P500 auch Kackhörnchen.

Das gefüllte Horn wird dann über den Winter im Boden vergraben, im Frühling wieder rausgeholt und die Kacke in 5 bis 60 Litern Wasser verdünnt (MTX12, S.9). Das Ganze wird dann genau eine Stunde lang gerührt, am besten von Hand.

Und das wird dann - neben dem normalen Dünger - auf Ackerboden und Pflanzen aufgebracht, um eine ganz besondere “Wirkung” zu entfalten, die es in keiner anderen Form der Landwirtschaft gibt.

So auch bei P 505. Da kommt Eichenrinde in einen Kuhschädel (MTX12, S.17 f.). Oder P 503: Hier kommt Kamille in Kuhdarm (MTX12, S.16f.). Hauptsache irgendwelche tierischen Hüllen, die dienen nämlich als Antennen für “kosmische Energie”, mit der diese Präparate dann aufgeladen werden (MTX27).

MaiThink X - Die Show: Besseres Bio

Ausgedacht hat sich das alles der Erfinder der Waldorfschule, der anthroposophischen Medizin und der Eurythmie, Rudolf Steiner.

Und so ist er auf den Bullshit gekommen:
Quellen: (MTX27, MTX6)

Rudolf Steiner

Klingt ja erstmal total bananig, klar. Aber … irgendwas muss ja dran sein, wenn all diese Supermärkte mit Demeter zusammenarbeiten.

MaiThink X - Die Show: Besseres Bio

Okay, wenn die Präparate wirken, können wir das ja mit wissenschaftlichen Studien beobachten - und Forschung über vergrabene Kackhörnchen gibt es zuhauf (MTX19)!

Wirkung der biodynamischen Präparate

Eine der wenigen belastbaren Studien zu biodynamischer Landwirtschaft ist die DOK-Studie, die seit 1978 läuft (MTX22).

Hier wird ein großer Versuchsacker in mehrere Parzellen unterteilt, auf denen unterschiedliche Pflanzen nach Regeln der bioDynamischen, Organischen (also “normales Bio”) und Konventionellen Landwirtschaft angebaut werden.

MaiThink X - Die Show: Besseres Bio

Dort zeigt sich, die Bio-Felder, also D und O,  hatten eine bessere Bodenqualität und höhere Biodiversität, also mehr Insekten, Würmer und Co. als die konventionellen Felder. Allerdings brachten die D und O-Felder auch rund 20% weniger Ertrag. Soweit alles erwartbar.

Aber ist BioDYNAMISCH jetzt besser als normales Bio? Gibt es wirklich sowas wie eine biodynamische Wirkung, die messbar ist? Es gab tatsächlich einen Unterschied zwischen den D und den O-Feldern. Und zwar im Humus.

Humus ist Erde aus organischem Material, also vor allem aus toten Pflanzen, und damit wertvolle Erde, die schön fruchtbar ist. Ackerbau führt aber dazu, dass diese wertvolle Humusschicht mit den Jahren immer mehr verloren geht (MTX29)und bei einem leeren oder frisch bepflanzten Feld kann viel mehr Humus vom Regen weggespült werden als bei einer natürlich gewachsenen Wiese.

Bei der DOK-Studie war nach 30 Jahren bei BioDynamik noch am meisten Humus vorhanden:

MaiThink X - Die Show: Besseres Bio

Ob das wirklich auf die verschiedenen Anbaumethoden zurückzuführen ist, wird zwar von manchen bezweifelt (MTX21), aber gehen wir einfach mal davon aus. Das heißt ja dann, dass ein homöopathischer Hauch von vergrabener Kacke … TATSÄCHLICH WIRKT??? Deswegen haben wir uns so einen demeter-Hof mal genauer angeguckt:

Bio vs. Biodynamik

Die Präparate sind also nicht die einzigen Unterschiede zwischen Demeter und herkömmlichem Bio. Um die Wirkung der Präparate also methodisch sauber zu untersuchen, muss das Experiment anders gestaltet werden. Hier kommen wir zur sogenannten Frick-Studie (MTX20).

Die Frick-Studie ist ebenfalls eine Langzeitstudie mit einem Versuchsacker, die übrigens vom selben Institut durchgeführt wurde wie die DOK-Studie. Nur hier wurden die bio und die biodynamischen Felder komplett gleich behandelt, abgesehen von den biodynamischen Präparaten.

Aber dabei kam nichts raus! Die Humusschicht war zwar wieder so stabil wie in der DOK-Studie, es gab aber keinerlei Unterschiede zwischen den Feldern mit und denen ohne Präparaten. Biodynamische Präparate sind also wohl doch Bullshit.

Aber was ist dann mit den ganzen anderen Studien zu diesem Thema?

Diese Studie (MTX31)fand heraus, dass Weizenhalme MIT biodynamischen Präparaten eine gleichmäßigere Höhe hatten. Ähm. Ja. Schmeckt bestimmt viel besser, so ein Brot aus gleichmäßig hohem Weizen.

Und diese Studie (MTX15)  fand heraus, dass Traubensaft feinere und “weniger chaotische Wein-Kristalle” formt, wenn die Trauben mit biodynamischen Präparaten behandelt wurden. Und jede:r weiß ja, beim Wein ist das allerwichtigste, dass die Kristalle weniger chaotisch sind und nicht etwa, dass der schmeckt oder wenigstens  ballert… Aber was sind "Weinkristalle" überhaupt?

Diese sind Teil einer anthroposhophischen Methode, sind aber außerhalb der Anthroposophie in der Wissenschaft nicht anerkannt. Dabei wird einer Kupferchloridlösung Traubensaft zugefügt und diese anschließend getrocknet (MTX16). Die dabei entstehenden Kupferchloridkristalle sollen die Qualität des Safts widerspiegeln.

Ok, ok. Gleichmäßigerer Weizen oder weniger chaotische Kristalle - bringt vielleicht nix - aber, wenn all diese Studien doch Unterschiede finden … wirken die Präparate dann doch??

Nein!

HARKING

Aber es ist ziemlich interessant zu verstehen, wie man in einer wissenschaftlichen Studie Unterschiede findet, wo eigentlich gar keine sind. Dahinter steckt ein Vorgehen namens Harking

Anstatt also die Hypothese VOR meiner Studie aufzustellen, schaue ich mir erst die Ergebnisse an, also meinen Weizen oder die Trauben und zwar so genau, bis ich irgendwas feststelle, und beschließe dann im Nachhinein, dass das kein Zufall war, sondern ganz bestimmt an P500-irgendwas lag.

MaiThink X - Die Show: Besseres Bio

HARKing erkennt man letztendlich daran, dass sich die Ergebnisse aus einen Studie in anderen Studien nicht reproduzieren lassen. Und genau das ist auch bei Demeter-Studien der Fall. Irgendein Unterschied wird zwar gefunden, aber der lässt sich nicht reproduzieren. Wenn Demeter also schreibt, dass die Wirkung der Präparate durch Forschung “nachgewiesen” sei (MTX8) - ist das eigentlich ganz schön frech. Denn wenn überhaupt, ist die Nicht-Reproduzierbarkeit all dieser Studien nur ein Beleg dafür, dass Kackhörnchen und Co. NICHT wirken.

Viele der methodisch unsauberen Studien werden übrigens von Vereinen wie dem Forschungsring durchgeführt, der sehr eng mit Demeter zusammenarbeitet. Dessen Studien werden dann praktischerweise auch gleich in der hauseigenen Broschüre veröffentlicht: Lebendige Erde.  Hier wurden für die fehlende Reproduzierbarkeit auch interessante Erklärung vorgeschlagen: “Die Präparate wirken (nur), wenn man mit Begeisterung und Präsenz rührt.” (MTX2, S.20)

MaiThink X - Die Show: Besseres Bio

Achsoooooo. DAS erklärt natürlich alles. Wie sollen Studien auch reproduzierbar sein, wenn die Leute nicht enthusiastisch genug rühren?! Einen echten Nutzen hat das alles also nicht, trotzdem ist die Anwendung vieler Präparate für jeden Demeter-Betrieb verpflichtend.

Fazit

Auf Demeter-Höfen läuft einiges besser als anderswo, zum Beispiel werden die Tiere besser behandelt und auch an der Mistdüngerbehandlung scheint was Gutes dran zu sein. Aber ausgerechnet das Kernstück der Biodynamischen Landwirtschaft, der Einsatz der biodynamischen Präparate, ist mit nichts belegt, das auch nur den geringsten Qualitätsanforderungen entspricht.

Könnte uns aber doch eigentlich egal sein, schadet doch nicht, oder? Doch, das schadet. Unwissenschaftliche Methoden im Öko-Landbau verhindern einen Ausstieg aus der konventionellen Landwirtschaft. Denn so wird Bio- mit konventioneller Landwirtschaft nie mithalten können.

Literaturverzeichnis

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